Brief von Weihbischof em. Geerlings und Franz-Thomas Sonka an die Katholiken anderer Muttersprachen

Liebe Schwestern und Brüder der Katholischen Missionen und Gemeinden anderer Muttersprache im Bistum Münster,

Ihnen allen ein herzlicher Gruß!

In diesen Wochen erleben wir eine krisenhafte Gesamtsituation, wie wir sie in unseren Breiten seit dem 2. Weltkrieg nicht erlebt haben: hervorgerufen durch die Verbreitung des Corona-Virus. Das verantwortliche Bemühen in aller Welt geht dahin, die Verbreitung dieses Virus zu verlangsamen. Das führt zu drastischen Maßnahmen, auch hier in unserem Land.

Wir zitieren aus einem gemeinsamen Wort der katholischen, evangelischen und orthodoxen Kirche in Deutschland:

„Sie können sicher nachvollziehen, wie schwer es uns gefallen ist, in diesen beunruhigenden Zeiten alle öffentlichen Gottesdienste auszusetzen. Gerade in schweren Zeiten ist es für uns Christen eigentlich unabdingbar, die Nähe Gottes zu suchen, indem wir uns zu gemeinsamen Gebeten und Gottesdiensten versammeln.“

Um die Pandemie einzugrenzen, müssen wir im Moment unsere Nähe durch Distanz zeigen. Das ist ein Akt der Nächstenliebe. Die Einschränkungen treffen uns alle. Vielleicht sind manche selbst oder in ihrem Umfeld, ihrer Familie oder Bekanntschaft – auch in der Heimat – von Erkrankung oder gar Tod betroffen.

„Viele sind aufgrund des gesellschaftlichen Stillstands in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht und mit großen Zukunftssorgen konfrontiert“, heißt es im gemeinsamen Wort.

 

Jetzt ist in besonderer Weise eine Zeit der Solidarität angesagt. Und auch des Dankes an alle, die im Gesundheitswesen oft bis zur Erschöpfung dafür sorgen, dass die Erkrankten gut versorgt werden. Der Dank gilt den vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern für die unterschiedlichsten menschlichen Notsituationen und Schwierigkeiten in diesem Zusammenhang. Der Dank gilt all denen, die alleine, in der Familie oder in Gebetsgruppen beten, den Rosenkranz beten, sich eventuell dafür sogar im Internet verabreden.

Weltweite Ausmaße hat die Pandemie: „Sie betrifft nicht nur uns, sondern auch die Menschen in den Kriegsregionen des Nahen Ostens, insbesondere Syriens, und in den Flüchtlingslagern. Da hier Schutzmaßnahmen fehlen, ist ihr Risiko zu erkranken sogar noch größer. Deshalb dürfen wir auch sie nicht aus dem Blick verlieren.“ So das gemeinsame Wort; und weiter: „Als Christen sind wir der festen Überzeugung: Krankheit ist keine Strafe Gottes – weder für Einzelne, noch für ganze Gesellschaften, Nationen, Kontinente oder gar die ganze Menschheit. Krankheiten gehören zu unserer menschlichen Natur als verwundbare und zerbrechliche Wesen.“ Bruder Christoph Goedereis, Provinzial im Kapuzinerorden, hat das in einem Interview dieser Tage gut auf den Punkt gebracht: „Corona ist genauso wenig eine Strafe Gottes wie Aids. Natürlich gibt es immer Leute, die mit solchen Geschichten daherkommen……

Gleichwohl lädt die Situation dazu ein, sich die Frage zu stellen: Kann ich einen spirituellen (religiösen) Lerneffekt aus dieser Lage ziehen? …. Welchen Nutzen ziehen wir daraus? Die Pandemie darf ich für mich zu einem spirituellen Ereignis machen – das ist ein kleiner, feiner Unterschied zu der These, dass Gott die Pandemie direkt gesandt hätte.“

Es ist sehr menschlich, in dieser Situation Verunsicherung und Angst zu spüren.

Der gekreuzigte und auferstandene Christus ruft uns nach dem Zeugnis der Evangelien in solcher Not zu „Fürchtet euch nicht!“ (Mt 28,5) Wir dürfen darin Trost, Ermutigung und Zuversicht finden.

Ausdruck unseres Osterglaubens ist das täglich Läuten der Kirchenglocken um 19.30 Uhr. Die Glocken laden uns ein zu einem Zeichen des gemeinsamen Glaubens zur gleichen Zeit durch ein Gebet, ein Gedenken, ein Entzünden einer Kerze oder durch ein stilles Verweilen. Sie und wir alle haben die ganze Welt im Blick…!

Verstehen Sie diese Zeilen als Ausdruck unserer Verbundenheit mit Ihnen allen. Besonders übermitteln wir Ihnen die Grüße und Segenswünsche unseres Bischofs Dr. Felix Genn.

Bleiben Sie behütet an Leib und Seele. Gott segne Sie!

Münster, 25. März 2020 Fest der Verkündigung des Herrn

+ Weihbischof em. Dieter Geerlings                                         Franz-Thomas Sonka
Bischöflicher Beauftragter                                                       Referatsleiter im BGV