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Predigt von Bischof Dr. Felix Genn anlässlich des Josefstags am 19. März 2020.

Am Josefstag, dem 19. März 2020, hat Bischof Dr. Felix Genn in der wegen der Coronakrise als Livestream ausgestrahlten Eucharistiefeier im St.-Paulus-Dom eine Predigt gehalten, die wir im Folgenden im Wortlaut dokumentieren:

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,

Menschen sehnen sich in diesen Tagen ganz besonders nach einem Wort des Trostes und des geistlichen Beistandes und bringen das mir gegenüber auch schriftlich zum Ausdruck. Nun kann ein Prediger durchaus versucht sein, diese unsere schwierige Situation immer wieder anzupassen auf das, was das Wort der Schrift oder ein Heiligengedenken, wie der heutige Tag, sagt. Das kann leicht nach Verzweckung aussehen. Und doch scheint mir, liebe Schwestern und Brüder, das, was den hl. Josef ausmacht, kann eine Hilfe sein für uns in dieser wirklich außergewöhnlichen Situation, die wir gar nicht näher zu beschreiben brauchen, weil wir sie alle unmittelbar erleben.

Was macht diesen Mann aus im Kern? Man kann ja denken, es ist eine Randfigur, er wurde zur Seite geschubst. Maria spielt die eigentliche Rolle, und er hat bei der Lebensentstehung dieses Kindes Jesus keine Bedeutung. „Aber er ist gerecht“, so sagt die Schrift (Mt 1,19), d. h., er liegt ganz und gar auf der Spur dessen, was das Volk Israel von Abraham übernommen und immer wieder neu - in jeder auch schwierigen Situation - existenziell gelebt hat: Zu glauben, dass bei Gott nichts unmöglich ist, und dass Er in der Lage ist, aus dem Nichts zu schaffen und ins Dasein zu rufen, dass Er in der Lage ist, die Toten lebendig zu machen.

Diese innere Haltung prägt den wahren Israeliten. Dann ist er gerecht, weil er die Beziehung zu Gott ausdrücklich lebt und aus dieser Beziehung heraus weiß, dass Er der Größere ist, und dass dann, wenn er sich Ihm und seinem manchmal undurchschaubaren Willen fügt, Fruchtbarkeit und Sendung entstehen kann.

Und welche Bedeutung hat Josef dann für dieses Kind, das nicht von ihm stammt, sondern von Maria geboren wurde aus einer Kraft, die von Gott kommt? Er hat die Bedeutung, dieses Kind einzugliedern in die Verheißung, die der Prophet Natan dem König David gegeben hat, und Ihm den Namen zu geben, der die gesamte Sendung Jesu in einem Wort ausdrückt: „Er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen“ (Mt 1,21). Und wie viel wird Er – das darf man durchaus, ohne in falsche Spekulationen zu verfallen – diesem Kind und Jugendlichen und erwachsenen Mann Jesus an der Grundhaltung Abrahams und des Volkes Israel weitergegeben haben!

Ich möchte uns allen wünschen, dass wir in dieser Situation, in der uns die Hände gebunden sind, etwas von diesem Glauben Abrahams zu verwirklichen suchen, dass wir auch daraus schöpfen – jetzt, in dem tiefen Vertrauen -, dass der Herr uns auch in dieser Epidemie gut führen wird.

Wenn ich als Bischof ein Anliegen noch hinzufügen darf, dann ist es gerade in der Situation, in der die kirchlichen Berufe abnehmen und auch die Zahl der Priester und der Seminaristen. Da ist es mir wichtig, auch an diesem Hochfest des zweiten Patrons unseres Bistums darum zu bitten, dass der Herr uns in dieser fast unfruchtbaren Situation nicht allein lässt, sondern uns neue Kräfte und neue Berufungen schenkt.

Amen.