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Brief des Generalvikars zum sog. Gottesdienstverbot der Bundesregierung

Zum sogenannten "Gottesdienstverbot" der Bundesregierung hat Generalvikar Dr. Winterkamp den Mitarbeitenden im Bistum Münster am 17. März folgenden Brief geschrieben:

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Herren Pfarrer,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Seelsorge,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

zu den Vereinbarungen, die gestern zwischen der Bundesregierung und den Regierungschefs der Bundesländer geschlossen wurden, zählt unter anderem die Entscheidung, dass Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften zu verbieten sind.
Die Hoheit für die Umsetzung dieses Verbotes liegt auf Landesebene. Derzeit ist der Stand der Dinge folgendermaßen:

Die Landesregierung NRW plant (Stand heute Morgen 8:30 Uhr) kein Verbot jeglicher Gottesdienste. Die Staatskanzlei will, dass die Praxis der letzten Tage, Gottesdienste unter Ausschluss der Öffentlichkeit, die im Internet übertragen werden können, fortgeführt wird. Dafür sollen die Kirchen zusagen, dass bis einschließlich Sonntag, den 19. April keine Gottesdienste mit Öffentlichkeit gefeiert werden.

Die nordrhein-westfälischen Generalvikare haben noch gestern Abend dieser Regelung zugestimmt. Das Kabinett wir heute Morgen um 10:00 Uhr tagen und die Empfehlungen des Bundes als Verordnung erlassen.
Morgen wird sich die Konferenz der nordrhein-westfälischen Generalvikare mit den konkreten Empfehlungen dieser Maßnahmen befassen.
Was das im Einzelnen (insbesondere für die Feiern von Taufen, Trauungen und vor allem Beerdigungen heißt), werde ich Ihnen in den nächsten Tagen mitteilen (sofern nicht ohnehin bereits mit den Kommunen, insbesondere für Beerdigungen, gesonderte Vereinbarungen getroffen bzw. entschieden wurden). Es könnte durchaus sein, dass die gestern noch zulässige Zahl von teilnehmenden Personen an Beerdigungen (gestern bis zu 20 Personen) weiter drastisch reduziert werden muss.
So oder so ist also jetzt klar, dass alle öffentlichen Feiern der Kar- und Ostertage in diesem Jahr nicht stattfinden können und zu unterbleiben haben. Auch die Palmsonntag-, Kar- und Oster-Gottesdienste können nur ohne Beteiligung von Gläubigen erfolgen. Näheres auch dazu in den nächsten Tagen. Ebenso ist jetzt klar, dass alle Erstkommunionfeiern am Weißen Sonntag abzusagen und auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben sind.

Angesichts der jeweiligen tagesaktuellen Veränderungen, der teilweise auch tagespolitisch sich ändernden Situation bitte ich um Verständnis dafür, dass wir oder ich nicht jeweils sofort auf alle anstehenden Fragen oder Herausforderungen mit detailliert ausgearbeiteten Antworten und situationsgerechten Umgangsvorschlägen reagieren können. Auch die Verantwortungsträger in Politik, Verwaltung und anderen Behörden sehen sich mit einer Situation konfrontiert, die völlig neu ist, und an jedem Tag anders aussieht. Wir versuchen einerseits so schnell wie möglich auf die jeweiligen staatlichen oder behördlichen Vorgaben zu reagieren, und andererseits, Sie so gut und so schnell wie möglich auf dem Laufenden zu halten. Vor diesem Hintergrund verstehen Sie auch bitte diese Information. Wir hoffen nach den Entscheidungen der jeweiligen Instanzen bzw. Konferenzen so aktuell wie möglich die konkreten Konsequenzen nachzureichen.

Ebenso bitte ich um Verständnis für die Maßnahmen als auch um Beachtung bzw. Befolgung, die sich grundsätzlich auf den nordrhein-westfälischen Teil des Bistums Münster beziehen. Sollten vor Ort (in einzelnen Kreisen oder Kommunen) bereits andere oder detailliertere Vereinbarungen bzw. Beschlüsse getroffen seien, werden diese damit nicht aufgehoben oder außer Kraft gesetzt.

Mich erreichen auch Anfragen, ob die Regierung bzw. die kommunalen Instanzen und Behörden mit ihren Maßnahmen nicht auf das verfassungsrechtlich in Art. 4 garantierte Gesetz auf Religionsausübungsfreiheit übergreifen. Nach Rücksprache des Kath. Büros in Düsseldorf mit Prof. Hense vom Institut für Staatskirchenrecht ist es allerdings hinzunehmen, wenn, wie derzeit im Interesse eines höherwertigen Rechtsgutes von Verfassungsrang – hier der körperlichen Unversehrtheit bzw. dem Schutz von Leib oder Leben –, das Recht auf Freiheit der Religionsausübung eingeschränkt wird.

Ich hoffe, vielleicht noch heute Ihnen und Euch, spätestens aber morgen oder übermorgen detailliertere Hinweise zu den Kar- und Osterfeiern geben zu können.

Mit vielen Dank für alles Arbeiten , Engagieren und Mitdenken, um die Vorbereitung des Virus einzudämmen, grüßt herzlich

Klaus Winterkamp