Beim Thema Digitalisierung viel Luft nach oben

, Bistum Münster

Die Corona-Pandemie hat der Digitalisierung in der katholischen Kirche einen Schub gegeben, „hinter den wir nicht zurückkönnen“. Das äußerte der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Matthias Kopp, am Freitag (12. März), auf der jährlichen Tagung „Kirche im Web“. „Ich hätte mir nie vorstellen können, dass eine Vollversammlung der Bischofskonferenz digital stattfinden könnte“, meinte Kopp. Gleichzeitig erinnerte er daran, dass bei allen Digitalisierungsbestrebungen die direkte zwischenmenschliche Kommunikation nicht zu kurz kommen dürfe.

Christian Sterzik, Leiter der Stabsstelle Digitalisierung der Evangelischen Kirche (EKD), freut sich nach eigenen Worten über jeden, der auf den digitalen Kanälen kommuniziere. Kirche habe mit Worten und Begegnungen zu tun, „genau dafür bieten digitale Lösungen die Möglichkeit.“ Sterzik machte dies am Beispiel eines Landpastors aus Norddeutschland fest, der auf seinem Youtube-Kanal mittlerweile über eine Million Abrufe verzeichnet habe. Rechne man diese Zahl auf durchschnittlich 50 Besucherinnen und Besucher um, die in den Sonntagsgottesdienst kämen, werde deutlich, dass der Pastor schon jetzt mehr Menschen auf dem Videokanal erreicht habe, als er in seinem Berufsleben jemals in der Kirche begrüßen könne.

„Digitale Graswurzelarbeit“ nannte Matthias Kopp von der DBK dieses Engagement in Gemeinden und Verbänden und betonte, die Vielfalt sei eine Stärke des Netzes. Man müsse nicht immer alles zentralisieren oder von oben aufstülpen. Ausdrücklich lobte er die Arbeit der 27 katholischen Bistümer im Internet und den Sozialen Netzwerken und stellte fest, diese seien wesentlich weiter als die Bischofskonferenz selbst: „Wir sind erst im vergangenen Jahr im 21. Jahrhundert angekommen. Bei uns ist noch viel Luft nach oben.“ Momentan befinde sich die Bischofskonferenz auf einer Lernkurve: Sie lerne im Zuge des Synodalen Weges gerade sehr viel vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend, sie schaue sich an, wie die Bischofskonferenzen beispielsweise in den USA oder Australien digitale Kommunikationsmöglichkeiten nutzten. Und schließlich, so Kopp, werde es „einen unheimlichen Lernschub“ durch den Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt geben, der coronabedingt im Mai 2021 zum ersten Mal überwiegend digital stattfindet. „Hinterher stecken wir die Köpfe zusammen und überlegen, wie wir gemeinsam von den Erfahrungen profitieren können.“ 

Eine engere Zusammenarbeit mit der katholischen Seite kann sich auch Christian Sterzik vorstellen. In Zeiten geringer werdender Kirchensteuer-Einnahmen gehe es darum, Prozesse effektiver zu gestalten und möglichst dort mit dem Sparen anzufangen, „wo es die Leute in den Kirchengemeinden am Wenigsten merken“, zum Beispiel bei gemeinsam genutzten Server-Standorten. 
Als Beispiel für ein besonders gelungenes Digitalisierungs-Projekt berichtete Sterzik von den „Digitalen Kirchtürmen“. In diesem Projekt habe die EKD die Ortstdaten von 18.000 evangelischen Kirchen standardisiert und für die Anzeige in Kartendiensten und Suchmaschinen aufbereitet. Die Anzahl der Google-Suchen nach diesen Kirchen habe ich in der Folge beinahe verdreifacht, die Zahl der Interaktionen sei um fast 80 Prozent gestiegen. 

Sowohl Kopp wie Sterzik warben für „mutiges Experimentieren“ mit digitalen Medien. Nur so haben man eine Chance, in den Herausforderungen der Corona-Pandemie und der Digitalität zu bestehen. 

Die Tagung „Kirche im Web“ fand in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie erstmals digital statt – üblicherweise wird sie im Wechsel in Münster und in Stuttgart veranstaltet. Rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer tauschten sich zum Oberthema „Die Rolle der Kirche in der digitalen Gesellschaft“ aus. Zu den Gesprächspartnern zählten dabei in diesem Jahr unter anderem der frühere CDU-Generalsekretär und Polit-Influencer Ruprecht Polenz und der Chefredakteur von netzpolitik.org, Markus Beckedahl. 

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