Bischof Bahlmann: „Es fehlt an allem“

, Bistum Münster

Es fehlt an allem.“ Mit großer Sorge beobachtet Bischof Johannes Bahlmann die Ausbreitung des Coronavirus in Brasilien und besonders in seinem Bistum Óbidos. Bahlmann, der gebürtig aus Visbek im niedersächsischen Teil des Bistums Münster stammt und seit fast 40 Jahren in Brasilien lebt, kritisiert vor allem das Verhalten von Präsident Jair Bolsonaro. Dieser ignoriere alle Maßnahmen zum Schutz gegen das Virus in seinem Land. Unterdessen bemüht sich der Bischof, auch mit finanzieller Unterstützung aus dem Bistum Münster, die vier katholischen Krankenhäuser in seiner Diözese auf den Ernstfall vorzubereiten: „Aktuell haben wir nur drei Beatmungsgeräte für 300.000 Menschen. Das ist definitiv zu wenig.“

Bischof Johannes Bahlmann

Bischof Johannes Bahlmann beobachtet mit Sorge die steigende Anzahl von Covid-19-Erkrankungen in Brasilien.

© Bistum Münster

Bahlmann rechnet mit einer Welle von Covid-19-Erkrankungen: „Die Zahlen steigen täglich.“ Offiziell gebe es in Brasilien aktuell 3500 Infizierte, 150 Menschen seien an dem Virus bislang gestorben. Die Dunkelziffer, davon ist der Bischof überzeugt, liegt deutlich höher. Erst Ende der vergangenen Woche seien die Grenzen geschlossen worden: „Bis dahin sind die Menschen viel zu viel gereist“, erklärt der Bischof. Die wenigen Kontrollen der Gesundheitsbehörden seien unzureichend gewesen. Erst am 30. März habe ihm der Bürgermeister erklärt, dass es bislang in Óbidos keinen Corona-Fall gebe. Bahlmann traut diesen Informationen jedoch nicht.

Die Brasilianer seien aufgerufen, zu Hause zu bleiben. Das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben sei auf ein Minimum reduziert. Das habe Auswirkungen: „Der Nachschub an Lebensmitteln fehlt.“ Betroffen seien vor allem die ärmeren Schichten in der Bevölkerung.

Um in dieser Ausnahmesituation nahe bei den Menschen zu sein, bieten die Priester und Ordensleute im Bistum Óbidos Gottesdienste via Facebook im Internet an. Öffentliche Messen sind auch in Brasilien untersagt. Pastorale Hausbesuche finden nur in wirklich dringenden seelsorgerischen Fällen, beispielsweise bei Sterbenden oder zu Beerdigungen, statt. Täglich verschicken die Seelsorger Videobotschaften an die lokalen Fernseh- und Radiosender.

Die Eindämmung des Virus sei eine Herausforderung, beschreibt Bischof Bahlmann die nationale Lage. Die andere Herausforderung sei die Versorgung der Erkrankten: „Auf den erwartbaren, massiven Anstieg von Infizierten ist das Gesundheitssystem bei uns nicht vorbereitet.“ Schon jetzt sei die medizinische Betreuung dramatisch unzureichend, das Team an Ärzten viel zu klein. Es mangele zudem an der notwendigen Ausstattung: „Wir haben einen Plan erstellt und versuchen, uns mit Unterstützung von Spendengeldern auf ein Worstcase-Szenario vorzubereiten.“

Gudrun Niewöhner