Chancen und Perspektiven des „Synodalen Weges“

, Stadtdekanat Münster

Es geht um neues Vertrauen in die katholische Kirche – mitten in „einer gottvergessenen Gesellschaft“. Dieses Ziel des „Synodalen Weges“ hat der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. Thomas Sternberg, am 5. Februar in der Akademie Franz Hitze Haus in Münster herausgestellt. „Wir müssen glaubwürdige und verlässliche Strukturen schaffen, um überhaupt als Kirche ein Ort für Menschen sein zu können, die dort diesen Glauben finden, leben und tragen können“, betonte er. Nur wenige Tage nach der ersten Synodalversammlung, bei der 230 Mitglieder in Frankfurt am Main zusammengekommen waren, diskutierte Sternberg mit dem Moraltheologen Prof. Dr. Daniel Bogner von der Universität Fribourg in der Schweiz über Chancen und Perspektiven des „Synodalen Weges“. Rund 300 Interessierte nahmen an dem Forum teil.

Prof. Dr. Thomas Sternberg am Rednerpult

„Wir müssen glaubwürdige und verlässliche Strukturen schaffen, um überhaupt als Kirche ein Ort für Menschen sein zu können, die dann dort diesen Glauben finden, leben und tragen können“, sagte Prof. Dr. Thomas Sternberg, Präsident des ZdK.

© Bistum Münster

Moderiert von Dr. Frank Meier-Hamidi (links), Fachbereichsleiter in der Akademie Franz Hitze Haus, diskutierten die Professoren Thomas Sternberg (Mitte) und Daniel Bogner über Chancen und Perspektiven des „Synodalen Weges“.

© Bistum Münster

Die katholische Kirche stecke in einer tiefen Vertrauenskrise, sagte Sternberg. „Die Missbrauchsfälle haben das Fass nur zum Überlaufen gebracht. Der Ärger über liegen gebliebene und notwendige Reformen ist groß“, erklärte er. Viele hätten den Eindruck, dass sich seit der Würzburger Synode in den 1970er-Jahren nichts mehr getan habe. „Das wird mit dem ‚Synodalen Weg‘ jetzt aufgebrochen“, zeigte sich Sternberg überzeugt. 

Aus Bogners Sicht, der in seinem Buch „Ihr macht uns die Kirche kaputt… doch wir lassen das nicht zu“ die Situation der Kirche kritisch kommentiert, ist der Reformprozess in erster Linie eine Reaktion auf die Missbrauchskrise. „Er ist eine Antwort auf die Faktoren, die den Missbrauchsskandal begünstigt haben“, sagte er. Das Hauptproblem sieht der Moraltheologe in der Verfasstheit der Kirche. „Form und Inhalt scheinen nicht zusammenzupassen“, kritisierte er und begründet seine These theologisch: Während der Staat die Menschenwürde an oberste Stelle setze, sei für die Kirche das Seelenheil Maßstab und die Sorge darum, mit dem institutionellen Handeln Sorge zu tragen für dieses Heil. Bogner verglich die Struktur der Kirche mit einer Monarchie, die den Gedanken von Gewaltenteilung nicht erlaube. 

Kritik übte er außerdem an der Form der Beteiligung der Gläubigen. „Die Kirche geht zynisch mit ihren Mitgliedern um. Man kann nicht von der gleichen Würde aller Getauften sprechen, die Menschen zur engagierten Mitarbeit einladen und sie dann unter ein derartiges Fallbeil der Willkürlichkeit stellen.“ Mit Blick auf den „Synodalen Weg“ äußerte er einen Verdacht: „Die Kirche redet gerne von Synodalität, wenn sie verbindliche Mitbestimmung eigentlich ausschalten will.“ Revolutionen seien ausgeschlossen, weil „Gläubige die Fähigkeit zu einem schizophrenen Verhältnis zu ihrer religiösen Organisation“ hätten: „Viele Menschen machen die Erfahrung, sie müssen ihren Glauben in der Kirche eigentlich gegen die Kirche leben.“ Für den Reformprozess brauche es den „Druck von unten“. Bogner ermutigte die Gläubigen: „Hört auf, brave Schäfchen zu sein, die vor allem gehorchen sollen. Stellt Fragen und fordert Antworten ein.“

Dass die Kirche mit dem „Synodalen Weg“ auf einem guten Weg sei, verdeutlichte noch einmal ZdK-Präsident Sternberg: „Es gab ein gutes Miteinander bei der Synodalversammlung und es gibt eine große Überzeugung, dass wir gemeinsam Kirche sind und helfen wollen, wieder Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.“ Deutliches Unverständnis äußerte Sternberg gegenüber der Kritik des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki an der Versammlung: „Wenn der Kölner Kardinal sagt, dass beim Einzug zum Gottesdienst der Eindruck erweckt worden sei, dass Bischöfe und Laien gleich seien, kann ich zur selben Szene nur sagen: Was für ein schönes Bild von Kirche.“

Sternberg sieht im „Synodalen Weg“ eine „große Chance“. Er plädierte für verbindliche Beschlüsse, es reiche nicht, nur zu diskutieren. Der ZdK-Präsident erinnerte daran, dass der Beschluss, den Weg mit dem ZdK zu gehen, einstimmig gefallen sei. „Wir haben Mehrheiten, die riesengroß sind. Und das ist neu. Die Bischöfe haben gemerkt, was im Zentrum des Glaubens los ist. Und das wird zu Veränderungen führen“, zeigte er sich zuversichtlich. 

Ann-Christin Ladermann