Christen und Muslime diskutieren zur Konfessionslosigkeit im Religionsunterricht

, Bistum Münster

Wie Religionsunterricht für nicht religiöse und vom Glauben distanzierte Schülerinnen und Schüler gestaltet und zur Bereicherung für alle Beteiligten werden kann, das war am 26. November Thema des Christlich-Islamischen Forums zur Religionspädagogik (CIFR) im Franz Hitze Haus in Münster. Mehr als 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer tauschten sich unter dem Titel „Konfessionslosigkeit im Religionsunterricht“ aus. Dabei kamen Erfahrungen der evangelischen, katholischen und islamischen Religionsdidaktik zur Sprache.

Das Publikum hört einem am Pult stehenden Referenten zu.

Welche Chancen in einer bewussten Gestaltung des Religionsunterrichts auch für und mit wenig bis gar nicht religiösen Schülerinnen und Schülern liegen, was ein Thema des Forums, zu dem unter anderem Prof. Dr. Frank M. Lütze referierte.

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Zu den Referenten gehörten Prof. Dr. Mouhanad Khorchide, Professor für islamische Religionspädagogik an der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) in Münster, und Prof. Dr. Clauß Peter Sajak, an der WWU Professor für Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts. Außerdem referierte der Religionspädagoge Prof. Dr. Frank M. Lütze von der Universität Leipzig. Beteiligt waren außerdem Dr. Christian Schulte, Leiter der Abteilung Religionspädagogik des Bistums Münster, Maria Kröger, stellvertretende Leiterin des Franz-Hitze-Hauses und Dr. Peter Schreiner, Direktor des Comenius-Instituts.

Sajak betont, dass konfessionslose Schülerinnen und Schüler Religion nicht entbehrten und nicht nach der „Frohen Botschaft“ oder nach Spiritualität suchten. Ihre Wertvorstellungen litten ebenfalls nicht unter ihrer Konfessionslosigkeit. „Im Religionsunterricht ist die Herausforderung eher, dass in der Begegnung mit Lehrkräften oder religiösen Schülerinnen und Schüler die Konfessionslosen wissen wollen, wie und warum an Gott geglaubt wird“, beschreibt Sajak, „auch wird die christliche Position zu bestimmten ethischen Themen erfragt – oft kritisch.“ Im Unterricht ergäben sich daraus lebhafte und fruchtbare Diskussionen, auf die sich die Lehrkräfte gut vorbereiten müssten. Denn: „Die christliche Position ist nicht selbstverständlich, wird nicht immer verstanden und muss immer wieder neu mit Leben gefüllt werden.“

Lütze ging insbesondere auf die Situation in den Ländern der früheren DDR ein. Dabei unterstrich er, dass die Gruppe der Konfessionslosen in sich sehr vielfältig sei. Daher sei es schwierig, kollektive Aussagen über „die“ konfessionslosen Schüler zu treffen oder Konfessionslosigkeit als weltanschauliche Strömung zu behandeln. Allerdings gebe es in den neuen Bundesländern oft schon eine Mehrheit von Schülern, die sich als nicht religiös sehen. Die daraus erwachsenen Herausforderungen stellte Lütze ausführlich dar.

Diese Herausforderung beinhaltet nach Schultes Aussage auch Potenziale. „Oft ist es leichter, mit Schülern ohne Konfession über christliche Inhalte ins Gespräch zu kommen und Neugier zu wecken, als christlich getaufte, aber gleichgültige Schüler für die christlich-katholische Position zu begeistern oder zumindest um Verständnis dafür zu werben.“ Das betreffe vor allem Themen der Ethik am Anfang und Ende des Lebens.

„Die größte Chance für Religionsunterricht und Lehrkräfte ist, die Andersheit des Anderen wahrzunehmen und eigene Positionen kritisch-produktiv zu überdenken“, findet Schulte. Das führe zu einer vertieften Wahrnehmung der eigenen Konfession. Dies bestätige die Auswertung eines Modellprojektes zum konfessionell-kooperativen Religionsunterricht in Lüdinghausen durch Sajak.

In diesem Sinne halten alle Beteiligten die Zusammenarbeit zwischen Religionsdidakten verschiedener Glaubensrichtungen für wertvoll. Der Islamwissenschaftler Khorchide bemerkt: „Die Zusammenarbeit mit christlichen Kolleginnen und Kollegen trägt zur Sensibilisierung innerhalb der islamischen Theologie auch gegenüber konfessionslosen Positionen bei, denn die islamische Theologie ist auch heute noch stark vom Gefühl der eigenen Exlusivität geprägt.“

Der katholische Religionspädagoge Sajak ergänzt: „Die Arbeit mit Schülern ohne Bekenntnis zwingt uns, die eigene Glaubenstradition auch ,von außen‘ zu betrachten und zu befragen. Viel zu oft gehen wir davon aus, dass christliche Schülerinnen und Schüler mit basalen Zusammenhängen und Traditionen vertraut sind.“ Dies sei aber nur bedingt der Fall.

Anke Lucht