Katholische Kirche will sich im Stadtdekanat Münster neu aufstellen

, Stadtdekanat Münster

Vorschläge für fünf pastorale Räume im Stadtdekanat Münster haben Weihbischof Dr. Stefan Zekorn und Generalvikar Dr. Klaus Winterkamp am 28. Oktober vorgestellt. In der Martinikirche informierten sie rund 80 hauptamtlich Mitarbeitende und ehrenamtlich Engagierte aus den Pfarreien des Stadtdekanates über den Prozess zur Weiterentwicklung pastoraler Strukturen. Die geplanten Seelsorge-Gebiete sollen überwiegend mehrere Pfarreien umfassen, verordnete Zusammenlegungen soll es nicht geben. 

„Pastorale Strukturen müssen so gestaltet sein, dass die Verkündigung des Evangeliums unter veränderten Rahmenbedingungen weiter gut möglich sein wird“, erklärte Weihbischof Zekorn.

© Bistum Münster

Im Stadtdekanat Münster sehen die möglichen Pläne für die fünf künftigen pastoralen Räume wie folgt aus: St. Petronilla – St. Mauritz; St. Nikolaus – St. Clemens Hiltrup-Amelsbüren; St. Liudger; St. Joseph Münster-Süd – St. Paulus – St. Lamberti – Heilig Kreuz; St. Franziskus – St. Marien und St. Josef – Liebfrauen-Überwasser. 

„Pastorale Strukturen müssen so gestaltet sein, dass die Verkündigung des Evangeliums unter veränderten Rahmenbedingungen weiter gut möglich sein wird“, erklärte Weihbischof Zekorn. Dieser Prozess könne nicht losgelöst von inhaltlichen und pastoralen Fragestellungen stattfinden. „Entscheidend ist, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen“, betonte der Weihbischof und lud die Haupt- und Ehrenamtlichen zu „einer strukturellen Suche ein“. Die Leitfrage dabei müsse sein: „Wie können wir eine lebendige Kirche sein, die die Menschen den Reichtum des Glaubens für ihr Leben erfahren lässt?“ 

Zekorn machte im Gespräch mit Moderatorin Eva-Maria Jazdzejewski weiter deutlich, dass sich die katholische Kirche den offensichtlichen Herausforderungen stellen müsse: „Was bedeuten die massiven Veränderungsprozesse für uns? – Wie können christliche Gemeinschaft und kirchliches Leben unter den sich wandelnden Rahmenbedingungen dennoch wachsen? – Welche Gestalt von Kirche wird zukunftsfähig sein?“ Beim Bemühen, Antworten zu finden, schließt der Prozess an die pastoralen Orientierungen an, die im Bistum bereits entwickelt worden sind – an den Diözesanpastoralplan, die lokalen Pastoralpläne sowie die Überlegungen zur „Sendung der Kirche“ und zu den Notwendigkeiten, stärker eine Kirche zu sein, die Beziehung stiftet. Zudem werde es eine enge Verknüpfung mit weiteren Veränderungsprozessen geben. Der Weihbischof nannte den Spar- und Strategieprozess, das angedachte Klimaschutzkonzept sowie die Modernisierung der Bistumsverwaltung. 

"Mehr Bereitschaft zur Zusammenarbeit"

Generalvikar Winterkamp betonte, dass es von Bischof Dr. Felix Genn drei Vorgaben für den Strukturprozess gibt: „Es wird keine weiteren, von Bischof Genn verordneten Zusammenlegungen von Pfarreien geben. Das Verhältnis der Diözesanpriester im aktiven Dienst zu den Priestern der Weltkirche in unserem Bistum soll dauerhaft zwei Drittel zu einem Drittel sein. Und es braucht mehr Bereitschaft zur Zusammenarbeit zwischen den Pfarreien sowie zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen.“

Der Generalvikar erläuterte Zahlen, Fakten und Prognosen, die den Prozess zur strukturellen Entwicklung notwendig machen: So wird die Katholikenzahl im Bistum bis 2040 von derzeit knapp 1,8 Millionen auf weniger als 1,4 Millionen zurückgehen. Sind es heute im Stadtdekanat Münster noch rund 139.000 Katholiken, so werden es in 20 Jahren wahrscheinlich nur noch etwa 90.000 sein. Im kirchlichen Leben, etwa bei den Gottesdienstbesuchern, Taufen oder Eheschließungen, hat es in den vergangenen Jahren deutliche Rückgänge gegeben. Und die finanziellen Mittel, die dem Bistum insbesondere über Einnahmen aus der Kirchensteuer zur Verfügung stehen, werden in Zukunft spürbar geringer ausfallen. Besonders gravierend sind die Einbrüche beim seelsorglichen Personal: Gibt es derzeit noch rund 1.370 Seelsorgerinnen und Seelsorger – 380 Diözesanpriester im aktiven Dienst, 165 Priester der Weltkirche, 600 Pastoralreferentinnen, Pastoralreferenten und Diakone im Hauptamt sowie 225 Diakone mit Zivilberuf – ,wird diese Zahl bis 2040 auf 500 bis 550 zurückgehen. 

„Und bei den Menschen, die freiwillig in der Kirche aktiv sind, sehen wir eine Veränderung hin zu einem zeitlich befristeten, projektbezogenen, klar beschriebenen und nachhaltig sinnstiftenden Engagement“, sagte der Generalvikar. Allgemeine Megatrends verschärften die Notwendigkeit für Veränderungen, ebenso innerkirchliche Missstände und Entwicklungen. Vor allen diesen Hintergründen sei die Überzeugung gewachsen, dass es im Bistum neue sogenannte „Pastorale Räume“ geben müsse. Bistumsleitung und -verwaltung hätten für jedes Kreisdekanat sowie das Stadtdekanat Vorschläge entwickelt. „Das sind ausdrücklich nur Vorschläge. In einem partizipativen Prozess wollen wir von Ihnen hören, was Sie davon halten“, wandte er sich an die Teilnehmenden. Auch inhaltliche Fragen, die damit verbunden sind, seien noch nicht geklärt. Die Beratungs- und Entscheidungsphase im Prozess soll bis April oder Mai 2023 abgeschlossen sein.

Seelsorge muss in größeren Einheiten gestaltet werden

Die pastoralen Räume werden nicht Pfarreien, Gemeinden, Einrichtungen oder Verbände ersetzen, versprach der Generalvikar. Die Präsenz der pastoralen Arbeit in der Fläche solle gewährleistet bleiben. Zugleich werde die Seelsorge in größeren Einheiten gestaltet werden müssen. Dabei erfordere ein pastoraler Raum die Bildung größerer Teams, eine Weiterentwicklung der Rollenklärung des pastoralen Personals, mehr Teamarbeit und ein verstärktes Engagement der Freiwilligen. Ziel sei es, die Verantwortung für die Entwicklung der Pastoral vor Ort zu belassen sowie genauer zu schauen, wie dabei eine gute Zusammenarbeit zwischen lokaler und regionaler Ebene gewährleistet werden kann. Zu prüfen sei außerdem, wie verschiedene pastorale Orte, Einrichtungen und kategoriale Felder der Seelsorge, etwa im Krankenhaus, in der Schule, bei der Caritas und in der Beratung, eingebunden werden können. Das Stadtdekanat verfüge dabei aufgrund der städtischen Struktur über besonderes viele kirchliche Einrichtungen, so gibt es beispielsweise 45 Kindertageseinrichtungen in Trägerschaft der Kirchengemeinden, sieben Schulen, sieben Krankenhäuser und 44 Ordensniederlassungen. Bei der Identifizierung der pastoralen Räume würden in der Regel die Kreis- und Kommunalgrenzen ebenso berücksichtigt wie der Stand und die Entwicklung der Katholikenzahl, aber auch regionale Realitäten.

Um im Prozess die Verbindung zwischen den Menschen vor Ort und der Bistumsebene sicherzustellen, gibt es für jedes Kreisdekanat ein Regional-Team. Dieses ist der erste Ansprechpartner für Fragen in der Region. Für das Stadtdekanat Münster bilden Weihbischof Zekorn, Maria Bubenitschek, Hauptabteilungsleiterin Seelsorge, und Pastoralreferent Matthias Schlettert das Regionalteam. 

Nach der Präsentation diskutierten die Teilnehmenden mit den Prozessverantwortlichen über die inhaltlichen Ausführungen und strukturellen Vorschläge. Dabei wurde die grundsätzliche Frage nach der Sinnhaftigkeit von territorialen Grenzen innerhalb einer Stadt gestellt. Auch äußerten einige Teilnehmende den Wunsch, besonders das städtische Milieu in Münster bei der Bildung von pastoralen Räumen zu berücksichtigen. Abseits der strukturellen Prozesse müssten vor allem Wege gefunden werden, um die Menschen zu erreichen, die die katholische Kirche in einer Großstadt wie Münster bislang noch nicht anspricht. 

Wer Fragen und Anregungen zum Gesamtprozess hat, kann sich auch per Mail melden: strukturprozess@bistum-muenster.de. Fragen zum Prozess im Stadtdekanat Münster können gerichtet werden an: strukturprozess-ms@bistum-muenster.de
Weitere Informationen zur Veranstaltung in Münster und zum Gesamtprozess gibt es im Internet auf: www.bistum-muenster.de/strukturprozess.

 

Stellten die Vorschläge für die pastoralen Räume im Stadtdekanat Münster vor (von links): Generalvikar Dr. Klaus Winterkamp, Stadtdechant Jörg Hagemann, Maria Bubenitschek, Weihbischof Dr. Stefan Zekorn und Matthias Schlettert.

© Bistum Münster