„Der Heilige Geist funktioniert nicht wie ein Automat“

, Stadtdekanat Münster

Manche haben die Augen geschlossen, saugen die Worte über das Wirken des Heiligen Geistes regelrecht auf. Andere schreiben – die Stirn in Falten – konzentriert mit, was sie hören. Und in der vergangenen Woche, „ja, da habe ich sogar ein paar Tränen verdrückt, so sehr ging mir die Stunde unter die Haut“, sagt eine Teilnehmerin. Seit sechs Wochen lernt sie Gott näher kennen. Jeden Dienstagabend, abwechselnd im Pfarrheim St. Thomas Morus in Münster-Kinderhaus und im Freizeitheim St. Norbert in Münster-Coerde. Knapp 40 weitere Frauen und Männer nutzen diese Chance, sich mit ihrem Glauben auseinandersetzen. Mit dabei sind Pfarrer André Sühling von der Pfarrei St. Franziskus und Weihbischof Dr. Stefan Zekorn. Sie leiten gemeinsam das achtteilige Seminar zur Glaubensvertiefung unter dem Leitwort „Komm und sieh!“.

Am sechsten Glaubensabend drehte sich im Freizeitheim St. Norbert in Münster-Coerde alles um den Heiligen Geist.

© Bistum Münster

An diesem sechsten Abend dreht sich alles um den Heiligen Geist. Ein gemeinsam gesungenes, mehrere tausend Jahre altes Geistlied stimmt die Teilnehmer auf die nächsten eineinhalb Stunden ein. Input gibt es anschließend von Weihbischof Zekorn. „Wer ist dieser Heilige Geist? Wie wirkt er? Und wie können wir seine Dynamik erleben?“ Diese Fragen stehen im Mittelpunkt. Der Weihbischof nennt verschiedene Symbole, mit denen das Wirken des Heiligen Geistes oft dargestellt wird. Da ist das Feuer als Zeichen für die Erleuchtung durch den Heiligen Geist und für das innere Feuer, das in jemandem für eine Sache brennt. Oder der Wind, der in der Bibel mehr als eine Wettererscheinung ist. Der sprichwörtliche frische Wind macht den Kopf frei, lässt Dinge aus einer andere Perspektive betrachten und bringt in Schwung. Und trotzdem: „Der Heilige Geist funktioniert nicht wie ein Automat“, sagt Zekorn. Drei Dinge brauche es: warten, bitten und empfangen. Fünf Minuten lang üben die Teilnehmer dies anschließend. 

Vielen Erwachsenen ist der christliche Glaube fremd geworden. Eine Herausforderung für die Kirche, sie in neuer Weise anzusprechen und einen Zugang zu ermöglichen. „Das Seminar kann eine Möglichkeit sein, den Glauben zu vertiefen“, sagt Weihbischof Zekorn. Dabei gehe es nicht in erster Linie darum, theologisches Wissen zu vermitteln, sondern den christlichen Glauben erfahrbar zu machen. Themen wie „Jesus als Freund erfahren“, „Heilung von Beziehungen“ und „sich selbst als einzigartig wahrnehmen“ spielen eine Rolle. Unter den Teilnehmern sind ebenso junge Menschen wie Senioren, Menschen, die regelmäßig am kirchlichen Leben teilnehmen und welche, die der Kirche fernstehen. „Es sind Menschen, die ihren Glauben vertiefen oder Gott neu suchen möchten“, sagt Zekorn. Glaube sei mehr als das Befolgen von Geboten: „Und wir möchten Freude und Begeisterung für den Glauben wecken.“

Es ist ein Wunsch, den auch eine Teilnehmerin aus Rumphorst hat: „Ich möchte lernen, mehr zu glauben“, sagt sie. Die 49-Jährige ist seit dem ersten Abend dabei und erlebt die Zeit als „völlig bereichernd“. Besonders schätzt sie die Mischung der Generationen und den Austausch in Kleingruppen, den es an jedem der Abende gibt. „Es bewegt mich, dass auch ältere Menschen Zweifel haben, dass es nicht altersabhängig ist, wie wir zu unserem Glauben stehen“, sagt sie. Nur noch selten werde konkret über den eigenen Glauben gesprochen. „Selbst im Kirchenchor ist das nichts Selbstverständliches“, sagt die Chorsängerin. Anders hat sie das vergangenen Mai beim Katholikentag in Münster erlebt: „Da gab es eine große Gemeinschaft, in der es ganz selbstverständlich war, dass einem der Glaube wichtig ist, und wo man das auch offen aussprechen konnte.“ Etwas, was sie sich auch für den Alltag wünscht. 

Ann-Christin Ladermann