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"Die Kirche muss sich schmerzhaften Prozessen stellen"

, Kreisdekanat Wesel

Ulrich Hörsting, Leiter der Hauptabteilung Finanzen des Bistums Münster, fand deutliche Worte: „Kirche ist in vielen Bereichen noch viel zu komfortabel aufgestellt. Wir werden voraussichtlich bis 2060 die Hälfte unserer Einnahmen verlieren. Das müssen wir auf der Ausgabenseite auffangen. Unser Kleid ist zu groß.“ Hörsting war als Experte zu der ersten gemeinsamen Versammlung des Kreisdekanats Wesel und des Kreiskomitees der Katholiken eingeladen worden. In Büderich berichtete er über einer Studie der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), um die darin prognostizierte Entwicklung der Mitgliederzahlen der katholischen Kirche sowie die daraus resultierende Entwicklung des künftigen Kirchensteueraufkommens zu erläutern.

Das Thema hätte ernster nicht sein können. Und so gehörte neben Michael van Meerbeck, Vorsitzender des Kreiskomitees, Kreisdechant Stefan Sühling und Geschäftsführer Wolfgang Kürten auch Weihbischof Rolf Lohmann zu den Gesprächsteilnehmern.  Angesichts der anhaltend hohen Kirchenaustritte sinken die Einnahmen der Kirche durch die Kirchensteuer drastisch, erläuterte Hörsting. Er ergänzte die Studienzahlen der DBK für das Bistum Münster mit der Prognose zur Kirchensteuerentwicklung für die Jahre 2035 bis 2060.

Zurzeit habe das Bistum Münster im nordrhein-westfälischen Teil rund 1,6 Millionen Mitglieder, von denen jedoch nicht jedes Kirchensteuer zahle. Bis 2060 werden es voraussichtlich 49 Prozent weniger Mitglieder sein, allein rund 32 Prozent aufgrund des demografischen Wandels. Hörsting: „Im Jahr 2035 werden wir im Bistum noch 1,3 Millionen Mitglieder haben. Davon zahlen dann nur rund 589.000 Kirchensteuer. Im Jahr 2060 gehen wir von 800.000 Mitgliedern aus, von denen dann noch 370.000 Steuerzahler sind.“ Daher müsse extrem gespart werden, um die prognostizierten Einnahme-Einbrüche auszugleichen.

Noch sei nichts entschieden, betonte Hörsting, aber es müsse über vieles nachgedacht werden. „Wir müssen uns klar machen, was wir alles unterhalten“, sagte er und nannte beispielhaft die kirchlichen Immobilien. Von den 700 Kirchen im Bistum  – von denen viele unter Denkmalschutz stehen – seien nicht mehr alle haltbar. Dazu unterhält das Bistum 667 Tageseinrichtungen für Kinder und unterstützt 52 Schulen. Finanziert werden müssen außerdem rund 22.000 Mitarbeiter im Bistum.

Es seien schmerzhafte Prozesse, denen sich die Kirche und somit auch das Bistum Münster stellen müssen. Es gelte, sagte Hörsting, Möglichkeiten der Sparansätze zu erkennen, zu diskutieren und auch neue Ideen zu entwickeln. Kreativität und Mut seien vielleicht die Türöffner in die Zeit der neuen Wege, die Kirche hier gehen muss, wenn sie überleben möchte. Oder – wie es Michael van Meerbeck sagte: „Wir müssen versuchen, das Evangelium wieder glaubhaft zu leben. Dann werden die Menschen auch wieder zu uns kommen. Aber wenn wir die Liebe in der göttlichen Botschaft vergessen, dann wird das nichts.“

Anke Gellert-Helpenstein