Ein israelischer Blick auf Deutschland

, Bistum Münster

Einen israelischen Blick auf Deutschland wirft am Mittwoch, 29. August, Avi Primor im münsterschen St.-Paulus-Dom. Der Publizist und Diplomat spricht ab 18.30 Uhr über „Beste Freundschaft, schwer erworben“. Sein Vortrag ist der zweite Termin der DomGedanken 2018. Die diesjährige Reihe widmet sich dem Thema „Über Deutschland“. 

Porträt von Avi Primor.

Avi Primor spricht am Mittwoch, 29. August, um 18.30 Uhr bei den DomGedanken.

© Privat

Primor, 1935 in Tel Aviv geboren, war von 1993 bis 1999 Botschafter Israels in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn. „Deutschland war früher für mich ein Land, das nicht existierte“, erzählt der 83-Jährige. Das kam nicht von ungefähr. Seine deutsche Mutter war als Touristin 1932 nach Palästina gekommen und geblieben. Das war ihr Glück. „Während der nationalsozialistischen Diktatur wurde ihre gesamte Familie ermordet. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, wollte keinen Kontakt zu Deutschen und war später dem damaligen Ministerpräsidenten David Ben-Gurion sehr böse, weil er mit Deutschen gesprochen hatte“, sagt Primor. Erst während einer Reise in ihre alte Heimatstadt Frankfurt am Main, die nur für einen Tag geplant war, dann aber 14 Tage dauerte, habe sich ihre Einstellung verändert. „Weil sich Beziehungen entwickelt haben, weil Menschen mit Menschen gesprochen haben. Da ist das Eis bei meiner Mutter gebrochen“, erinnert sich der Publizist. 

Auch ihm sei es ähnlich gegangen. „Der erste Deutsche, zu dem ich Kontakt hatte, hat mich geprägt“, berichtet er, „wir waren ein Leben lang Freunde. Es war Claus von Amsberg, der später Königin Beatrix der Niederlande heiratete. Ihn habe ich während unserer Zeit im diplomatischen Dienst in der Elfenbeinküste kennengelernt. Wir waren ein Leben lang befreundet.“ Später, ab 1987 war Primor israelischer Botschafter bei der Europäischen Gemeinschaft in Brüssel sowie in Belgien und Luxemburg. „Während dieser Zeit habe ich erstmals mit Deutschen zu tun gehabt. Die Begegnungen und die gemeinsame Arbeit haben auch meine Einstellung verändert“, sagt Primor. 

Als er später als Botschafter nach Deutschland kam, sei seine Mutter stolz auf ihn gewesen. „Für mich war es kein Problem, nach Deutschland zu gehen. Denn ich hatte im diplomatischen Dienst nichts mit Menschen zu tun, die während der nationalsozialistischen Zeit aktiv gewesen sind. Bei meinen Vorgängern war die Situation anders“, erzählt er von dieser Zeit und fügt hinzu: „Ich dachte auch, dass ich mit der deutschen Vergangenheit nichts mehr zu tun haben werde. Allerdings musste ich feststellen, dass sie immer noch allgegenwärtig war.“

Mit welchem Blick er heute auf die deutsch-israelische Freundschaft schaut, wird er im St.-Paulus-Dom ausführen. „Natürlich kenne ich den Dom in Münster und finde ihn sehr beeindruckend“, freut er sich auf diesen besonderen Ort. In seinem Vortrag möchte er sich von den Fragen der Zuhörerinnen und Zuhörern lotsen lassen. 

Der Eintritt ist, wie zu allen Terminen der DomGedanken, frei. Im Anschluss lädt das Domkapital als Veranstalter der Reihe zum Austausch mit dem Referenten ein.

Die DomGedanken gehen am 5. September mit Prof. Dr. Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), zu „Der Christ ist kein Nationalist – im Auftrag der besten Traditionen Europas“ weiter. Eine Woche später ist am 12. September zum Thema „Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt?“ die Schriftstellerin Ulla Hahn zu Gast. Den Schlusspunkt in diesem Jahr setzt am 19. September Christian Kullmann aus Essen. Der Vorstandsvorsitzende der Evonik Industries AG spricht dann zum Thema „Für die freiheitlich-soziale Moderne – Verantwortungsethik als Schlüssel“.

Sämtliche DomGedanken-Abende werden live im Internet übertragen. Interessierte können sie unter www.bistum-muenster.de, www.paulusdom.de, www.katholisch.de, www.kirche-und-leben.desowie unter www.youtube.com/user/BistumMuenster/live verfolgen.

Michaela Kiepe