Ein Leben lang Sohn seines Vaters

, Bistum Münster

„Eigentlich habe ich mir noch nie fast eine ganze Woche Zeit für mich persönlich genommen“, zog ein Teilnehmer am Ende der fünftägigen Besinnungstage im Haus Ludgerirast in Gerleve Bilanz. Neun Männer hatten sich von dem Angebot „Jeder Mann bleibt ein Leben lang Sohn seines Vaters“ ansprechen lassen und waren entschlossen, sich ihrer Geschichte mit dem eigenen Vater zu stellen und die erfahrenen Verletzungen und die Liebe ins Wort zu bringen. „Dabei galt es, die Balance zwischen Therapie und Aufarbeitung zu halten“, erklärt Joachim Bergel, Leiter des Referates Männerseelsorge beim Bistum Münster. Er hatte den Kurs angeboten.

Neun Teilnehmer haben sich zum Gruppenfoto aufgestellt.

Die Teilnehmer der Besinnungstage im Haus Ludgerirast beschäftigten sich mit dem Thema „Vater und Sohn“.

© Bistum Münster

Nach Bergels Erkenntnissen sind Väter für Söhne von lebenslanger Bedeutung. Das gelte im gewissen Sinn auch für die abwesenden Väter. Manchmal könne sogar von einer „Vaterwunde“ gesprochen werden, die die Diskrepanz von der benötigten Zuwendung zum erfahrenen Mangel beschreibe. So sei es nicht verwunderlich, das selbst Männer zwischen 50 und 70 Jahren sich immer noch nach der Bejahung dessen sehnen, der ihnen das Leben einst geschenkt hatte: das Okay des eigenen Vaters.

In diesem Zusammenhang waren die Besinnungstage in Gerleve davon geprägt, das eigene Vaterbild in sich zuzulassen und die „Erlaubnis“ vom Vater zu bekommen, Wege zu gehen, die nicht seinen Segen finden würden. „Wie dramatisch dies sein kann, wird deutlich, wenn man bedenkt, dass viele Väter der Kursteilnehmer bereits verstorben sind“, sagt Bergel. Es bleibe nicht aus, dass die Lebensgeschichte unmittelbare Auswirkung auf das Glaubensverständnis habe, auf das eigene Gott-Vater-Bild. „Ich kann es jedem Mann empfehlen, in die Auseinandersetzung mit sich selbst zu gehen. Denn erst die Wahrheit befreit, auch wenn sie nicht immer in hellen Farben gemalt werden kann. Das jedenfalls habe ich hier erfahren“, stellte abschließend ein 70-jähriger Teilnehmer für sich fest.

Angesichts so tiefgreifender Berührungen mit der eigenen Biographie sei es hilfreich, so Bergel, dass es im Haus Ludgerirast immer montags von 15 bis 20 Uhr ein neues Angebot gebe: die männerzentrierte Beratung. Sie ist für jedermann offen und kann unter der Telefonnummer 02541/800131 gebucht werden. Wer an neuen Angeboten für Männer interessiert ist sollte einen Blick in das Programm 2019 des Hauses Ludgerirast werfen. Es ist abrufbar im Internet unter der Adresse www.abtei-gerleve.de oder kann unter der gleichen Telefonnummer angefordert werden.

Joachim Bergel