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„Ein Mahnmal für uns“

, Stadtdekanat Münster, Kreisdekanat Warendorf

„Angst überwinden – Brücken bauen“: Die Schülerinnen und Schüler der bischöflichen Realschule St. Martin aus Sendenhorst nehmen das Jahresthema der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit ernst. Bei der Eröffnung der „Woche der Brüderlichkeit“ am 5. März im Rathausfestsaal nahmen sie die Anwesenden mit auf eine Zeitreise und berichteten von ihren Erfahrungen, die sie im Schüleraustausch mit Israel, ihrer Erinnerungsarbeit mit Workshops in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem und einem Besuch des Konzentrationslagers Auschwitz gesammelt hatten. Die Auseinandersetzung mit der Shoah, dem Holocaust, ist ein zentrales Anliegen der Schule, für das sie im Rahmen der Eröffnungsfeier mit dem Dr.-Julius-Voos-Preis ausgezeichnet worden sind.

„Dass so etwas nie wieder passieren darf, dafür sind verantwortlich“, erklärte der 16-jährige Schüler Arne Havers. „Das ist wichtig für uns junge Menschen. Wir dürfen unsere Geschichte nicht verleugnen.“ Und Leah Roberg ergänzte: „Ich habe in Israel einen Holocaust-Überlebenden getroffen. Dadurch bekam die Geschichte ein Gesicht und war nicht mehr nur eine Episode in einem Geschichtsbuch.“ Ein emotionaler Augenblick für die Schülerin, die hofft, dass „die Erinnerung nie verblasst und wir uns in unserer Vielfalt respektieren können. Denn nur dort, wo man Freundschaften knüpft, ist kein Krieg möglich.“ 

Ebenfalls erhielt die Schülerin Greta Marie Hamidi aus der 11. Klasse des bischöflichen Mariengymnasiums Münster die Auszeichnung. Sie hatte sich mit den Frauenfiguren „Synagoge“ und „Ecclesia“ an der Münsteraner Lambertikirche beschäftigt und war der Frage nachgegangen, ob die Gruppe antijudaistische Bildpropaganda des Mittelalters sei oder erst später angebracht wurde. Die Schülerin kam zu dem Ergebnis, dass es sich um keine mittelalterliche Figurenkonzeption handle. „Das Skulpturenprogramm geht auf das Jahr 1910 zurück und ist als politisches Statement zu verstehen. Es spiegelt den beginnenden religiösen Antijudaismus der Kaiserzeit wieder. Ein Mahnmal für uns.“ Eine erklärende Tafel sei vor den Skulpturen angebracht worden.

Wie wichtig es sei, Lehren aus der Geschichte zu ziehen, machte Domkapitular Ferdinand Schumacher in seiner Eröffnungsrede klar. Er zitierte aus einen Facebook-Post der AfD-Ratsgruppe Münster: „Es wäre wahrscheinlich auch zu viel verlangt, von Ihnen zu erwarten, dass Sie die große Sorge um unser deutsches Vaterland mit uns teilen. (...) Wahrscheinlich genießen Sie den schleichenden Verfall eines Landes, welches Sie verachten!“ In der Sprache der Nationalsozialisten spreche der Post Sharon Fehr, dem Vorsteher der jüdischen Gemeinde Münster, ab, Deutscher zu sein.
„Ich durfte erfahren, welch Geistes Kind die AfD ist, die mir das Recht abspricht, deutscher Bürger zu sein“, sagte Sharon Fehr in seiner Rede. „Die Welt scheint gerade in Unordnung zu sein, Populisten gewinnen immer mehr an Einfluss. In Europa nimmt der Rechtsextremismus zu. Das erschreckt und besorgt mich.“ Ängste würden nicht durch Apelle überwunden, sondern durch ein sich miteinander vertraut machen. „Es liegt also in unserer Hand, uns kennen zu lernen, miteinander im Dialog zu bleiben und Türen aufzustoßen, um Ängste zu überwinden und Brücken zu bauen“, richtete Fehr einen Appell an alle Anwesenden.  

Sich immer neu, immer besser kennen zu lernen und den Umgang zwischen Juden und Christen zu pflegen, dazu forderte Stadtdechant Jörg Hagemann auf. „Wir müssen einstehen füreinander. Stellen wir uns dem Hass entgegen und bauen wir Brücken zwischen den Menschen, Religionen und Kulturen. Denn das ist die Botschaft eines Gottes, der die Liebe lebt. Werden wir immer mehr zu Botschaftern eines Gottes, der selbst Frieden, selbst Shalom ist.“

Musikalisch umrahmt wurde der Abend durch ein Orchester der Realschule St. Martin in Sendenhorst.

Jürgen Flatken