Eindrucksvoll und befremdlich zugleich

, Kreisdekanat Coesfeld

Zu jeder Krippe gehört der heilige Josef. Eine etwas andere Darstellung des Heiligen findet sich in der Abteikirche der Benediktiner in Gerleve. Und nicht nur zu Weihnachten, sondern das ganze Jahr über. Denn der heilige Josef ist der Patron des Klosters.

Benediktinerpater Marcel Albert, Fotograf Jörg Schellschmidt und Jutta Meyer zu Riemsloh stehen an der Josefsstatue.

Die Josefsstatue von Bruno Walpoth steht im Mittelpunkt eines kleinen Buches, das (von links) Benediktinerpater Marcel Albert, Fotograf Jörg Schellschmidt und Jutta Meyer zu Riemsloh, Geschäftsführerin des Kunstvereins Münsterland, herausgebracht haben.

© Bistum Münster

Lebensgroß ist die Josefsstatue, die der Künstler Bruno Walpoth für die Benediktiner geschaffen hat. Sie fordert die Betrachter heraus, denn diese Figur hat sehr wenig gemeinsam mit den üblichen Darstellungen. „Normalerweise wird er als alter Mann gezeigt. Dieser Josef aber wirkt jung und empfindlich. Er trägt einen Rock und hat keine Schuhe an“, sagt Pater Marcel Albert. Auf den ersten Blick wirke er gewöhnlich, aber auch wiederum als Außenseiter. „Es ist kein Heiligenbild, vor dem man niederkniet. Man steht auf Augenhöhe mit ihm und nimmt selbst Haltung an“, führt er weiter aus.

Den Kontakt zu dem Tiroler Schnitzer vermittelte Jutta Meyer zu Riemsloh, Geschäftsführerin des Kunstvereins Münsterland. Sie hatte 2013 eine Ausstellung mit den Figuren Walpoths in den Räumen des Kunstvereins in Coesfeld organisiert. So wurden die Mönche aus Gerleve auf den Künstler aufmerksam. „Er schafft den Menschen in seiner Gesamtheit und arbeitet dabei immer mit lebendigen Modellen“, stellt Meyer zu Riemsloh eine Besonderheit des Künstlers heraus. Zudem arbeite er seine Figuren aus einem kompletten Stamm. „Die Gesichter und Hände sind besonders filigran geschnitzt und geweißt. Das verleiht den Statuen noch mehr Ausdruck“, berichtet die Kunstexpertin. Acht Figuren fertige er im Jahr und nehme normalerweise keine Aufträge an. Umso größer war die Freude in Gerleve, dass Walpoth bereit war, für die Klosterkirche eine Josefsfigur zu schaffen.

Intensiv hat sich auch Jörg Schellschmidt mit der Statue befasst. Er ist häufiger bei den Benediktinern zu Gast und hat sich mit seiner Kamera dem Josef genähert. „Diese Statue lebt. Sie stellt sich immer wieder neu dar. Je nach Lichteinfall ändert sich ihr Ausdruck – mal freundlich, mal nachdenklich oder sogar abweisend“, hat Schellschmidt beobachtet. Einkehr und Innerlichkeit seien Stimmungen, die sie widerspiegele. Und manchmal habe er den Eindruck gehabt, „dass sich der Josef gleich umdreht und mich anspricht“.

Seit dem 10. August 2016 hat die Statue ihren Platz im nördlichen Seitenschiff der Abteikirche. Die Reaktionen der Menschen, die das Gotteshaus besuchen, aber auch der Mitbrüder seien sehr kontrovers. „Das ist gut. Es ist zeitgenössische Kunst, und Walpoths Kunstwerk ist überraschend neuartig“, sagt Pater Marcel.

Gemeinsam haben Meyer zu Riemsloh, Pater Marcel und Schellschmidt nun ein kleines Buch herausgebracht, das sich auf 45 Seiten der Josefsdarstellung nähert. Unter dem Titel „Immer jung“ finden sich textliche und fotografische Annäherungen sowie ein Interview mit dem Künstler Bruno Walpoth. „Über das Heft möchten wir den Menschen diese Josefsstatue näher bringen und ihre Herzen erreichen“, hofft Pater Marcel. Das Buch ist ausschließlich in der Klosterbuchhandlung erhältlich und kostet 6,90 Euro. Einen Einblick gibt es auch auf der Internetseite www.joerg-schellschmidt.de/Josef/

Michaela Kiepe