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Emotionale Diskussion über sexuellen Missbrauch in Kevelaer

, Bistum Münster, Kreisdekanat Kleve

In einer teils hochemotional geführten Diskussion über sexuellen Missbrauch in der Kirche haben sich am Abend des 6. Novembers Vertreter der Pfarrei St. Marien Kevelaer und des Bistums Münster den Fragen zahlreicher Besucher gestellt. Dazu eingeladen hatten Pastor Gregor Kauling und der Interventionsbeauftragte, Peter Frings. Als Präventionsfachkraft der Pfarrei nahm Bernadette Baldeau an dem Gesprächsabend teil.

Kauling hatte am Wochenende zuvor den Brief einer Betroffenen verlesen, die in den 1980er-Jahren von einem damaligen Kaplan sexuell missbraucht worden war. Der inzwischen emeritierte Pfarrer war zuletzt in Wadersloh tätig. „Ich habe eine Stille erlebt, in diese Stille hinein eine große Betroffenheit“, schilderte Kauling die Reaktionen auf den Brief. Daher sei es „nicht nur notwendig, sondern angebracht und wichtig“, sich den Fragen der Menschen zu stellen. „Viele sind verletzt durch mangelnde Transparenz. Sexueller Missbrauch ist ein grässliches Verbrechen, das immer wieder passiert ist in der katholischen Kirche“, sagte er.

Mangelnde Transparenz und Inkonsequenz im Umgang mit dem Beschuldigten wurde dem Bistum in vielen Wortbeiträgen vorgeworfen. Etwa, dass der beschuldigte Priester trotz der erstmals im Jahr 2010 erhobenen Vorwürfe noch weiter in der Öffentlichkeit Gottesdienste zelebriert hatte, auch wenn ihm das eigentlich nicht mehr gestattet war. Frings gab zu: „Da wurden Fehler gemacht. Die Auflagen waren viel zu unklar formuliert und es wurde nicht deutlich gemacht, wie sie umzusetzen sind. Das war falsch.“ Zugleich verteidigte er die Entscheidung, nicht die Staatsanwaltschaft zu informieren: „Das hat die Betroffene ausdrücklich untersagt und wir werden gegen den Willen der Betroffenen keine Staatsanwaltschaft einschalten.“ Das Kirchenrecht sehe vor, entsprechende Fälle nach Rom zu melden, was auch geschehen war. Um einen Priester entlassen zu können – auch das wurde an dem Abend gefordert – bedürfe es jedoch einer strafrechtlichen Verurteilung, kirchenrechtlich sei dies derzeit nicht möglich.

Gefordert wurde im Laufe der Diskussion zudem mehr Prävention, sowohl durch Schulungen kirchlicher Mitarbeiter, aber auch durch spezielle Kurse für Kinder und Eltern. Dazu sagte Bernadette Baldeau: „Wir stellen in der Pfarrei St. Marien gerade ein Institutionelles Schutzkonzept auf, in dem es genau darum geht. Darin werden Ansprechpartner stehen, an die man sich jederzeit wenden kann.“ Entsprechende Schutzkonzepte werden derzeit in jeder Pfarrei des Bistums Münster auf den Weg gebracht. Zudem müssen die Mitarbeitenden an Präventionsschulungen teilnehmen.

Rund 90 Minuten lang wurde, ruhig und sachlich moderiert von Radio-K.W.-Chefredakteur André Fritz, in Kevelaer diskutiert. „Das war auch für mich ein besonderer Abend, der für die Gemeinde nur der erste Schritt auf einem langen Weg gewesen sein kann“, sagte Fritz und überließ dem Pfarrer von St. Marien das letzte Wort. Kauling bedankte sich für die „Offenheit und Klarheit“ während der Diskussion. „Ich wünsche mir für die Gemeinde eine Atmosphäre der Offenheit und Ehrlichkeit, in der jeder zu jeder Zeit alles sagen darf“, sagte er.

Wie Frings an dem Abend bekannt gab, hatte sich nach den ersten Veröffentlichungen des Falls eine weitere Frau gemeldet, die ebenfalls von einem sexuellen Missbrauch durch den Geistlichen berichtet hat. Frings bittet darum, dass sich möglicherweise andere Betroffene bei den Ansprechpersonen für Verfahren bei Fällen sexuellen Missbrauchs melden: Bernadette Böcker-Kock: 0151-63404738; Bardo Schaffner: 0151-43816695.

Christian Breuer