„Es gibt im Glauben viel zu entdecken“

, Kreisdekanat Warendorf

Pater Gottfried Meier tunkt seinen Daumen in das Gefäß mit Chrisam-Öl. Auf die geöffneten Handinnenflächen von Adelina Kryeziu (16) zeichnet er damit ein Kreuz. Neben der Schülerin stehen Finn Rimmrodt (12) und Katrin Hennemann (28). Auch ihre ausgestreckten Hände salbt der Benediktiner mit dem duftenden Öl als Zeichen dafür, dass sie auf ihrem Weg beschützt werden. Es ist einer von mehreren Schritten hin zum gemeinsamen Ziel: Alle drei lassen sich in der Osternacht am 31. März in der Klosterkirche in Marienfeld taufen.

Pater Gottfried salbt die Hände der Taufbewerber.

Pater Gottfried Meier salbt die Hände der Taufbewerber mit dem Chrisam-Öl als Zeichen dafür, dass sie auf ihrem Weg beschützt werden.

© Bistum Münster

Katrin Hennemann, die gebürtig aus dem Osten Deutschlands stammt und vor knapp drei Jahren nach Graefen zog, hat die Entscheidung im vergangenen Jahr getroffen – zusammen mit ihrer Familie. Ihr Mann und ihr Sohn sind katholisch getauft, ihre Tochter evangelisch. Doch bis zur Einschulung im Sommer wird die Sechsjährige die Konfession wechseln, um am katholischen Religionsunterricht teilnehmen zu können. Für Mutter Katrin der Auslöser: „Ich kann meinen Kindern in Sachen Glauben nur ein Vorbild sein, wenn ich ihn selbst lebe.“ Ehemann Markus stimmt ihr zu: In der Osternacht empfängt er darum das Sakrament der Firmung.

Ein Spagat zwischen zwei Religionen prägte bislang das Leben von Adelina Kryeziu: „Mein Vater ist Moslem und meine Mutter Christin. Früher dachte ich immer, ich kann beides sein, irgendwann war klar: Das funktioniert nicht.“ Die Schülerin, die mit ihrer Familie in Marienfeld wohnt, besuchte zunächst den Philosophieunterricht in der Schule, wechselte dann aber zum katholischen Religionsunterricht. „Ich habe gemerkt, dass ich mehr über die Geschichten in der Bibel und den Glauben insgesamt erfahren möchte“, blickt die 16-Jährige zurück. Ihre Freunde stehen voll hinter ihr: Überwiegend gehören sie zwar dem syrisch-orthodoxen Glauben an und feiern das Osterfest eine Woche nach dem christlichen, zu Adelinas Taufe kommen sie aber: „Es ist schön, zu wissen, dass meine Freunde mir den Rücken stärken.“ 

Auch Adelinas Mutter, Beata Jozwiak, freut sich über den Schritt ihrer Tochter. „Wir haben unsere Kinder ganz bewusst nicht taufen lassen, sie sollten die Chance bekommen, sich selbst zu entscheiden.“ Durch die Vorbereitung ihrer Tochter ist auch sie wieder mit Glaubensfragen in Berührung gekommen: „Es gibt so viel zu erfahren“, sagt sie. Wie Katrin Hennemanns Ehemann wurde auch sie als Jugendliche nicht gefirmt. In der Osternacht soll dies nachgeholt werden.

Die Taufbewerber sitzen in einem Gesprächskreis.

Gemeinsam bereiten sich Adelina Kryeziu, Finn Rimmrodt mit seinem Stiefvater Markus Lüffe, Katrin Hennemann (von links) und Beata Jozwiak (rechts) mit Pater Gottfried Meier auf Taufe und Firmung vor.

© Bistum Münster

Finn Rimmrodt blickt auf einen „schleichenden Prozess“ zurück, wie sein Stiefvater Markus Lüffe es nennt. Immer wieder wurde in der Familie des Zwölfjährigen, die derzeit noch in Bielefeld wohnt, bald aber nach Graefen zieht, über den Glauben gesprochen. „Finn hat mal eine Kinderbibel geschenkt bekommen, die er sofort sehr gemocht hat“, erinnert sich Lüffe. Dem kann Finn nur zustimmen: „Die Geschichten von Pharaonen und den Menschen, die einen Traum haben, lese ich in der Bibel am liebsten.“

Seit dem vergangenen Spätsommer hat sich Pater Gottfried regelmäßig mit den Taufbewerbern getroffen. In Einzelgesprächen hat er die wichtigsten Grundsätze der katholischen Kirche erklärt und Lebenserfahrungen mit dem Glauben in Verbindung gebracht. Bei der Vesper am dritten Adventssonntag nahm er die drei offiziell in das sogenannte Katechumenat auf, die Vorbereitungszeit auf die Taufe. Dort überreichte er den Taufbewerbern eine Bibel als Zeichen dafür, dass auch der eigene Glaubensweg mit der Beziehung von Gott zu den Menschen zu tun hat. Seit dem Beginn der Fastenzeit treffen sich die Taufbewerber und die beiden Firmlinge als Gruppe mit dem Benediktiner. Sie haben auch schon eine Taufkerze gestaltet. „Die gemeinsamen Termine werden uns fehlen“, ist Adelinas Mutter überzeugt. Auch Pater Gottfried freut sich, dass die Gruppe so gut harmoniert – trotz der Altersunterschiede – und hat schon eine Lösung für „die Zeit danach“: „Es geht auf jeden Fall weiter.“

Ann-Christin Ladermann