Es ist und bleibt das Lüdinghauser Weihnachtslied

, Kreisdekanat Coesfeld

Auf diesen Moment warten in Lüdinghausen die Kirchgänger beim Gottesdienstbesuch an Weihnachten: Wenn am zweiten Feiertag die Orgel das „Lüdinghauser Weihnachtslied“ zum Schluss intoniert. Dann stimmen Jung und Alt in das beliebte und bekannte Stück ein, dessen Ursprung kaum jemand kennt. „Bei manchen Familien wird es sogar zu Hause unterm Weihnachtsbaum gesungen“, weiß Thomas Kleinhenz. Der 51-Jährige ist seit fast 25 Jahren Kantor in St. Felizitas. Er hat sich auf die Spur des Weihnachtsliedes gemacht und Interessantes sowie Unerwartetes entdeckt.

Kantor Thomas Kleinhenz steht vor Tafeln der Ausstellung.

Thomas Kleinhenz, Regionalkantor und Kantor an St. Felizitas, hat sich auf die Suche nach den Quellen des Lüdinghauser Weihnachtsliedes gemacht.

© Bistum Münster

„Als ich nach Lüdinghausen kam, erhielt ich von meinem Vorgänger Johannes Greshake einen Liedzettel mit dem Text und einer Melodie, aber ohne weitere Angaben“, berichtet er von seiner ersten Begegnung mit dem lokalen Weihnachtslied. Vor eineinhalb Jahren hat sich Kleinhenz auf die Suche nach der Melodie und dem Dichter gemacht. „Ich habe den Text in einer Suchmaschine im Internet eingegeben und bin darüber auf verschiedene alte Gesangbücher gestoßen, in denen das Lied verzeichnet war“, berichtet er. Jedoch wunderte er sich, wie der Text aus Lüdinghausen in Gesangbüchern aus den Anfängen des 19. Jahrhunderts vornehmlich aus Österreich und zahlreichen Regionen entlang der Donau auftauchte. Das war der Beginn einer langen Spurensuche, die Kleinhenz im Internet und per E-Mail ebenso aufnahm wie auch mit persönlichen Besuchen und zahlreichen Telefonaten. Den Text konnte er irgendwann eindeutig dem Jesuitenpater Michael Denis zuordnen, der ihn in seiner Sammlung geistlicher Lieder 1774 veröffentlicht hatte. „Er adaptierte dafür allerdings die Melodie eines älteren Liedes“, berichtet Kleinhenz. Die Suche ging weiter. Der Musiker fand weitere alte Gesangbücher und stieß in einer Sammlung der Diözese Köln auf die Melodie des Bonner Komponisten und Musikers Wilhelm Neuland. „Einige Fragen sind leider offen geblieben. Vor allem die, wie seine Melodie von 1852 ihren Weg nach Lüdinghausen fand“, bedauert der Chorleiter und Organist.

Interessant sei es, wie der Text in verschiedenen Varianten ebenso wie die mehr als 20 unterschiedlichen Melodien, die Kleinhenz entdeckte, sich von Paderborn über Fulda bis nach Schlesien und Böhmen verbreitet haben. „Wenige Jahre nach der Entstehung des Liedes sind auch freie Kompositionen entstanden wie beispielsweise durch Josef Alois Holzmann um 1810 oder Josef Werner von 1840“, informiert er. Solche Kompositionen hätten die Kirchenmusiker für ihre eigene Praxis geschrieben.

Die Suche war sehr zeitaufwändig. Viele Unterlagen hat Kleinhenz aus unterschiedlichen Archiven digital erhalten. Aber auch zahlreiche alte Gesangbücher nennt er inzwischen sein Eigen. „Wenn man einmal anfängt ... Über das Lied bin ich zum Sammeln gekommen. Das hat sich einfach so ergeben“, sagt er schmunzelnd. Viel hat er erfahren und doch bedauert er, dass er keine Quelle gefunden hat, seit wann das Lied in Lüdinghausen gesungen wird. „Die älteren Lüdinghauser haben es schon von ihren Eltern und auch in der Schule gelernt, aber keiner weiß, wie es hierhergekommen ist.“ Und auch, wenn es nicht so einzigartig ist wie vermutet, „ist und bleibt es das Lüdinghauser Weihnachtslied“.

Beim Weihnachtskonzert „Heilige Nacht – Freudenreicher Tag“, das am 11. Januar um 20 Uhr und am 12. Januar um 18 Uhr in der St.-Felizitas-Kirche stattfindet, steht das „Lüdinghauser Weihnachtslied“ im Mittelpunkt. „Wir werden unterschiedliche Melodien und Fassungen ebenso singen wie auch konzertante Kompositionen zu Gehör bringen. Sie wurden bestimmt seit vielen Jahrzehnten nicht mehr aufgeführt“, macht er Appetit auf ein besonderes Konzert, an dem neben Solisten das Vokalensemble crescendo, der Kirchenchor St. Felizitas, der junge Chor St. Felizitas und das Steverstreichquartett unter seiner Gesamtleitung mitwirken.

In der Alltagskapelle der St.-Felizitas-Kirche gibt es eine kleine Ausstellung, die über die Quellensuche von Kleinhenz informiert. Zudem hat er ein 88 Seiten umfassendes Heft zum „Lüdinghauser Weihnachtslied“ herausgebracht, das für fünf Euro unter anderem im Pfarrbüro erworben werden kann.

Lüdinghauser Weihnachtslied

Michaela Kiepe