„Es muss sich etwas ändern“

, Bistum Münster, Kreisdekanat Steinfurt

„Es muss sich etwas ändern in der katholischen Kirche – im System, in der Sexualmoral und bei der Machtverteilung“, so lautete die mehrheitliche Meinung bei einer Informationsveranstaltung des Kreiskomitees der Katholiken im Kreis Steinfurt am 20. November zum Thema „Missbrauch in der Kirche – Leid und Skandal ohne Ende?“ in Stroetmanns Fabrik in Emsdetten.

Matthias Katsch, Ann-Kathrin Kahle, Peter Frings und Moderator Stefan Werding

Beantworteten Fragen zum Missbrauch in der katholischen Kirche (von links): Matthias Katsch, Ann-Kathrin Kahle, Peter Frings und Moderator Stefan Werding.

© Bistum Münster

Dass vieles nicht so bleiben kann, wie es heute ist, da waren sich auch die Podiumsteilnehmer, unter ihnen Matthias Katsch vom „Eckigen Tisch“, der als Schüler in einem Jesuiteninternat missbraucht wurde, sowie vom Bistum Münster die Präventionsbeauftragte, Ann-Kathrin Kahle, und der Interventionsbeauftragte, Peter Frings, einig.

„Es ist in unserem Interesse, dass die Täter aus dem Verkehr gezogen werden“, erklärte Frings gleich zu Beginn. Er räumte ein, dass in der Vergangenheit nicht immer konsequent genug gehandelt worden sei: „Aus diesen Fehlern haben wir gelernt.“ Anordnungen würden künftig klarer formuliert und das Einhalten kontrolliert. Hintergrund: Ein des Missbrauchs beschuldigter Pfarrer hatte trotz Auflagen weiter öffentlich Gottesdienste gefeiert.

Dass in diesem speziellen Fall die Staatsanwaltschaft nicht eingeschaltet wurde, sei ausdrücklich Wunsch der Betroffenen gewesen, betonte Frings – und eine Ausnahme: „Jeder Verdacht wird vom Bistum an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.“ Den Betroffenen werde zudem anwaltliche sowie psychologische Hilfe durch externe Experten angeboten.

Was die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle im Bistum angehe, setzt Frings auf die Ergebnisse der Historikerkommission der Westfälischen Wilhelms-Universität, die unabhängig vom Bistum arbeitet: „Mit dieser wissenschaftlichen Untersuchung werden bis 2022 alle Personalakten gesichtet."

„Disziplinarrechtliche Maßnahmen der Kirche dürfen niemals ein Ersatz für staatliche Gerichte sein“, stellte Katsch klar. Aus seinen Erfahrungen täten sich viele Bischöfe schwer mit der viel zitierten „Null Toleranz“ bei sexuellem Missbrauch. Als Grund dafür nannte er die „fast familiäre“ Verbundenheit unter Priestern sowie eine Form von Kumpanei, die Verschwiegenheit fördere.

Den Ruf nach Reformen in der katholischen Kirche unterstützte Katsch: „Das ganze System muss auf den Prüfstand.“ Er warnte jedoch davor, den Missbrauchsskandal als alleiniges Motiv vorzuschieben: „Die Zeit ist einfach reif für Erneuerungen.“

Hoffnungen setzt Ann-Kathrin Kahle dabei auf den Synodalen Weg, bei dem die deutschen Bischöfe mit dem Zentralkomitee der Katholiken (ZdK) ab Dezember über Veränderungen in der Kirche diskutieren wollen.

In Bezug auf die Prävention, berichtete Ann-Kathrin Kahle, seien heute Schulungen, bei denen Sexualität und sexualisierte Gewalt thematisiert würden, nicht nur verpflichtend für Ehren- und Hauptamtliche in den Pfarreien, auch seien diese Teil der Priesterausbildung.

Dass sich von der Bistumsleitung niemand den Fragen in der Öffentlichkeit stelle, wurde an diesem Abend kritisiert. Frings versicherte den Anwesenden, dass an Informationsveranstaltungen zum Thema Missbrauch künftig immer auch ein Vertreter der Bistumsleitung teilnehmen werde.

Gudrun Niewöhner