Exot unter den Diakonen

, Bistum Münster, Kreisdekanat Steinfurt

Stefan Schlatt gehört zu den wenigen Reproduktionsbiologen in Deutschland. Dass aus lediglich zwei Zellen ein ganzer Mensch entsteht, fasziniert den Professor und Leiter des Zentrums für Reproduktionsmedizin und Andrologie der Westfälischen Wilhelms-Universität immer wieder aufs Neue. Der 54-Jährige erforscht die männlichen Fortpflanzungsfunktionen. Seine Leidenschaft für die Naturwissenschaften ist für den Biologen kein Widerspruch zu seinem christlichen Glauben – und in dem ist Schlatt so tief verankert, dass er jetzt sogar Diakon wird. Mit sechs weiteren Männern wird der Altenberger am Sonntag, 25. November, um 14.30 Uhr im münsterischen St.-Paulus-Dom von Bischof Dr. Felix Genn zum Ständigen Diakon mit Zivilberuf geweiht.

Stefan Schlatt

Stefan Schlatt wird am Sonntag, 25. November, von Bischof Dr. Felix Genn im St.-Paulus-Dom zum Ständigen Diakon geweiht.

© Bistum Münster

Seine Anmeldung im Institut für Diakonat und pastorale Dienste (IDP), das für die Diakonenausbildung zuständig ist, habe ihn und andere damals ins Grübeln gebracht: „Lassen sich mein Job und das Diakonenamt miteinander vereinbaren?“ Der dreifache Familienvater konnte diese Frage für sich bejahen. Und nach einem „spannenden und guten“ Gespräch gab auch Bischof Genn sein Einverständnis. „Ich lebe stark aus meinem Glauben heraus“, sagt der Biologe über sich selbst – und ergänzt: „Auch wenn das sicher in meinem Beruf nicht immer einfach ist, es passt.“

Aufgewachsenen mit drei Geschwistern in Bocholt, übernahm Schlatt den Glauben behutsam, „überzeugend, aber nicht unkritisch“ von seinen Eltern. Nach dem Abitur am damals von den Kapuzinern geleiteten St.-Josef-Gymnasium startete er mit dem Biologie-Studium in Münster. Nebenbei schrieb er sich für Theologie ein. Doch irgendwann erwies sich die Kombination der beiden Fächer als zu umfangreich: „Ich musste mich entscheiden.“ Schlatt machte sein Diplom als Biologe, promovierte – und damit ging das Weltenbummeln los. Als Stipendiat zog er mit seiner Frau und den beiden kleinen Söhnen 1995 nach Australien. Zu fünft kam die Familie zweieinhalb Jahre später zurück nach Münster. Ein erneutes Stipendium führte die Schlatts nach Philadelphia (PA, USA), später lebte die Familie fünf Jahre in Pittsburgh (PA, USA): „Gerade in der Fremde war es wohltuend, eine Weltkirche zu erleben.“

2008 erhielt Stefan Schlatt einen Ruf als Professor nach Münster. Seither lebt die Familie in Altenberge. Der Gedanke, sich noch einmal anders in der Kirche zu engagieren, kam dem 54-Jährigen immer mal wieder. Ein Kontakt mit Diakon Manfred Wissing und einigen Diakonen unter den Kollegen an der WWU gab den letzten Anstoß. Und natürlich hat auch Ehefrau Klara ihre Zustimmung gegeben: „Sie ist mein kritisches Korrektiv.“

Mehr als vier Jahre hat er sich auf die Weihe vorbereitet. Nach einem Sozialpraktikum bei den Kapuzinern wurde ihm ein Teil des Würzburger Theologie-Fernkurses, eine weitere Voraussetzung für das Diakonenamt, aufgrund seiner Vorkenntnisse erlassen. Parallel nahm Schlatt an der Ausbildung im Institut für Diakonat und pastorale Dienste (IDP) des Bistums Münster teil. An jeweils einem Wochenende im Monat wurden unter anderem diakonische und psychologische Themen aufgegriffen. Die Kandidaten lernten, wie man eine Predigt aufbaut, wie man Gespräche führt und mit der Bibel arbeitet – und welche Dienste sie im Messablauf haben.

Einiges an Ehrenamt, das der neue Diakon nach der Weihe in St. Johannes Baptist übernehmen wird, ist bereits mit Pfarrer Heinz Erdbürger abgestimmt. Schon seit einiger Zeit kümmert sich Schlatt um die Pfarrcaritas. Abhängig von seinen zeitlichen Möglichkeiten wird er in den Predigtdienst einsteigen. Die „Bettentürme“ am Arbeitsplatz täglich vor Augen, kann sich der Wissenschaftler aber auch gut vorstellen, im Universitätsklinikum tätig zu sein: „Nirgendwo wird mehr gestorben, und nicht immer ist jemand da, der den Sterbenden begleitet.“ Eine Aufgabe, die sich der Altenberger zutraut.

Eine Woche nach der Weihe, am Samstag, 1. Dezember, wird Stefan Schlatt in seiner Heimatpfarrei offiziell als neuer Diakon eingeführt. Der Gottesdienst in St. Johannes Baptist beginnt um 17.30 Uhr. Anschließend gibt es einen Empfang.

Gudrun Niewöhner