Fast 300 Teilnehmer beim Ärztetreffen mit Bischof Genn

, Bistum Münster

Der „optimierte Mensch“ stand im Mittelpunkt des diesjährigen Ärztetreffens, das am 16. Mai in der Akademie Franz Hitze Haus in Münster stattgefunden hat. 280 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren auf Einladung des Bistums Münster dabei. Überschrieben war das Treffen mit „Optimierung von Menschen in der Medizin. Ein Thema im Krankenhaus und auch für niedergelassene Ärzte?“

Bischof Dr. Felix Genn begrüßte die Gäste und führte in das Thema ein. „Immer schon haben Menschen versucht, die Begrenzungen ihres Daseins aufzuheben“, sagte er. Inzwischen ziele das sogenannte Enhancement nicht mehr nur auf körperliche, sondern auch auf psychische Grenzen. In diesem Zusammenhang gehe das Ärztetreffen der Frage nach, was angesichts der heutigen technischen und wissenschaftlichen Möglichkeiten die Verantwortung der Ärzte für die Verbesserung des menschlichen Lebens konkret bedeute.

Impulsreferate kamen anschließend von Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert, Medizinethikerin aus Münster, und Prof. DDr. Antonio Autiero, Moraltheologe aus Berlin. Schöne-Seifert stellte eingangs fest, was den folgenden Austausch prägen sollte: „Es gibt keine fertigen Antworten, weil das Thema so komplex ist.“ Sie definierte „Enhancement“ als Fachbegriff für Optimierung, also für die größtmögliche Verbesserung, und grenzte den Begriff eng ein, indem sie ihn auf „biomedizinische Verbesserungsmaßnahmen ohne Krankheitsbezug“ beschränkte.

Die Medizinethikerin führte Argumente für und wider Enhancement an. Zudem formulierte sie noch offene Fragen wie die nach Nebenwirkungen oder dem Verlust von Authentizität. Die Diskussion verlaufe zwischen der bio-konservativen Haltung, nachdem der Mensch das Gegebene akzeptieren müsse, und der bio-liberalen Haltung, nach der der Mensch immer schon mit seinen jeweiligen Möglichkeiten nach größtmöglicher Verbesserung gestrebt habe.

Autiero stellte theologische und ethische Überlegungen zum Thema dar. Dazu erläuterte er die anthropologischen Hintergründe ebenso wie die daraus entstehenden Konsequenzen. Nach Christian Lenk beschrieb er Enhancement als „Intervention, die darauf abzielt, menschliche Form oder Funktion über das hinaus zu verbessern, was notwendig ist, um gute Gesundheit aufrecht zu erhalten oder wiederherzustellen.“ Das Verständnis entweder des Menschen als „Meisterwerk der Schöpfung“, der menschlichen Natur als abgeschlossenem Prozess oder des Menschen als offenen Projekts habe Konsequenzen auf zwei Ebenen: Zum einen betreffe sie das Verhältnis zwischen Arzt und Patient, zum anderen das Verständnis von Gesundheit und Krankheit. Die Kommunikation darüber zwischen Arzt und Patient sei unabdingbar.

Aus theologischer Sicht sei der Mensch als Meisterwerk der Schöpfung „prekär und perfekt“ zugleich. Der Sinn für Verletzbarkeit des Lebens schaffe einen Sinn für Endlichkeit und Hinfälligkeit und ermögliche zugleich Dankbarkeit für das Lebensgeschenk.

Im Anschluss an die Ausführungen der beiden Fachleute entwickelte sich unter Moderation von Dr. med. Peter Kleine-Katthöfer eine lebhafte Diskussion. Ein mögliches Fazit formulierte Autiero abschließend unter dem Beifall der Anwesenden: „Ein Arzt ist mehr als ein Lieferant von Lösungen. Manchmal ist er auch derjenige, der bei dem Verständnis hilft, dass das Leben auch in seiner Begrenztheit lebenswert ist.“

Anke Lucht