Für einen Moment die Isolation vergessen

, Kreisdekanat Coesfeld

Seit vielen Wochen sind die Senioren- und Altenheime wegen der Corona-Krise für Besucher geschlossen. Das gilt auch für Reinhold Leydecker. Der Pastoralreferent ist in der Pfarrei St. Felizitas in Lüdinghausen zuständig für die Kranken-, Alten- und Trauerseelsorge. „Normalerweise feiern wir zweimal in der Woche im St.-Ludgerus-Haus einen Gottesdienst. Das geht jetzt nicht mehr“, bedauert der 64-Jährige. Die Gottesdienste seien normalerweise eine gute Form, ins Gespräch zu kommen. Seelsorge werde zudem von vielen Menschen in dem Altenheim gelebt. Es sei ein Zusammenspiel von Angehörigen, Mitarbeitenden und Seelsorgern. Allerdings funktioniere dieses Geflecht, das den 80 Bewohnern in normalen Zeiten helfe, jetzt nicht mehr. „Es ist leider durch die augenblickliche Lage gestört“, sagt Leydecker.

Pastoralreferent Reinhold Leydecker steht am Eingang des Altenheims.

Pastoralreferent Reinhold Leydecker sucht nach Wegen, um seelsorgliche Angebote für die Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Mitarbeitenden des Altenheims St.-Ludgerus-Haus in Lüdinghausen aufrecht zu erhalten.

© Privat

In den geprägten Tagen rund um Ostern und auch jetzt bereitet er mit einem ehrenamtlichen liturgischen Team regelmäßig „Das gute Wort im Ludgerus-Haus“ vor. „Wir greifen ein Tagesthema auf. Dazu stellen wir eine Bibelstelle und einen Impuls sowie ein Lied aus dem Gotteslob“, berichtet Leydecker. Dieses erhalten alle orientierten Bewohnerinnen und Bewohner  sowie die Mieter der altengerechten Wohnungen. „Das wird gut angenommen“, hat ihm Elke Schalk, Leiterin des Sozialdienstes, zurückgemeldet. Über die Impulse kämen die Bewohner untereinander und mit den Mitarbeitenden ins Gespräch. „Auch das ist Seelsorge. Sie geschieht nur nicht über uns“, macht er deutlich. Gefreut hätten sich sowohl Bewohner als auch Mitarbeitende zu Ostern über zahlreiche Briefe und Bilder der Erstkommunionkinder der Pfarrei. „Das war eine sehr schöne Idee unserer Pastoralreferentin Ruth Reiners“, lobt er ihren Einsatz.

Auch über das Telefon ließe sich der Kontakt halten. Doch das nähmen nur wenige Menschen im Haus an. „Die Hauptaufgabe des sozialen Dienstes ist es jetzt, gesprächsbereit zu sein und zu schauen, was möglich ist“, informiert Leydecker. Die Isolation und die psychischen Auswirkungen gingen auch den Seelsorgenden nah. „Uns fehlt die vertraute Gemeinde“, sagt er. Werner Trogemann, der sich ehrenamtlich als Seelsorger in dem Haus engagiert, ergänzt: „Wenn ich am Ludgerus-Haus vorbeigehe und die Bewohner an den Fenstern sehe, tut es  mir im Herzen weh.“

Und doch kam es zu Begegnungen – allerdings mit gebotenem Abstand über den Gartenzaun hinweg. Auf diesem Weg gestaltete Leydecker gemeinsam mit dem Ehepaar Thissen am Ostersonntag einen Gottesdienst. „Wir haben viele Osterlieder und später auch Frühlingslieder gesungen. Ich stand auf einem Stuhl, um über die zwei Meter hohe Buchenhecke gucken zu können“, berichtet er lachend. Die Bewohnerinnen und Bewohner verfolgten das Angebot im Garten, auf den Balkonen und an den Fenstern ihrer Zimmer. Gemeinsam mit der Hausleitung kann er sich perspektivisch beispielsweise Maiandachten oder kurze Wortgottesdienste im Garten mit dem entsprechenden Abstand vorstellen. „Je nach Wetterlage. Vertraute Lieder und Gebete sind Möglichkeiten, damit die Menschen am Leben partizipieren können und für einen Moment die Isolation vergessen“, weiß er.

Michaela Kiepe