Glória Nunes und Adriana Schulten und die portugiesische Gemeinde

, Bistum Münster, Kreisdekanat Steinfurt

Auf dem Rückweg vom Garten ins Büro stoppt Glória Nunes an der kleinen Kapelle. Die temperamentvolle Portugiesin schaut auf die Statue der Gottesmutter Maria und fängt leise, fast zärtlich an zu singen: „Ave, ave...“ Sofort stimmt Adriana Schulten ein.

Glória Nunes (links) und Adriana Schulten engagieren sich in der portugiesischen Gemeinde in Rheine.

© Bistum Münster

Maria, als Mutter Jesu Christi von den Katholiken verehrt, hat für die beiden Frauen große Bedeutung, besonders in der Darstellung als Jungfrau von Fátima. „Maria ist unsere zweite Mutter“, sagt Glória Nunes. Bei ihr findet sie Ruhe im oft trubeligen Alltag. Die 59-Jährige hat einiges um die Ohren: Familie, Haushalt – und ganz viel Ehrenamt. Glória Nunes engagiert sich in der portugiesischen Gemeinde in Rheine und ist im Pastoralrat der Mission, zu der alle sieben portugiesischen Gemeinden im Bistum Münster gehören. Deren Sekretärin ist Adriana Schulten. Die 39-Jährige wohnt ebenfalls in Rheine. Die Frauen haben sich in der Kirche kennengelernt.

Jeden Sonntag um 8.45 Uhr feiern die Portugiesen in der Rheiner Basilika mit Missions-Pfarrer Paulo Jorge Monteiro de Cunha Areias eine Messe in ihrer Muttersprache. Schon als Jugendliche ist Glória Nunes mit ihren Eltern und Geschwistern dort hingegangen. Der Vater, Gastarbeiter in der Textilindustrie, holte die Familie nach, als die Tochter 14 Jahre alt war. In der Kirchengemeinde fanden sie schnell Anschluss.

30, manchmal 40 Gemeindemitglieder sitzen regelmäßig im Sonntagsgottesdienst. Früher, erinnern sich Glória Nunes und Adriana Schulten, waren es mehr, viel mehr: „Die Basilika war voll.“ Doch der allgemeine Trend in der katholischen Kirche Westeuropas macht auch vor der portugiesischen Gemeinde nicht Halt. Glória Nunes fällt es schwer, dies zu akzeptieren. Sie möchte etwas tun, damit wieder mehr Menschen zur Messe kommen. Wie? An einem Patentrezept arbeitet die couragierte Portugiesin noch...

Auch wenn die meisten Landsleute in das Gemeindeleben der deutschen Pfarreien integriert sind, ihre eigenen Traditionen wollen gerade die älteren Portugiesen gerne bewahren. Dazu gehört die Faszination für Fátima. In dem kleinen Ort 130 Kilometer nördlich von Lissabon soll 1917 drei Hirtenkindern die Jungfrau Maria erschienen sein. 1930 erkannte die katholische Kirche diese Erscheinungen an. Fátima ist heute einer der bedeutendsten Wallfahrtsorte. Glória Nunes war schon mehrmals dort. Ihre Augen leuchten, wenn sie von ihren Pilgerreisen erzählt: „Egal, was vorher war, der Geist von Fátima beseelt jeden.“ Und deshalb erinnern die Portugiesen an das „Wunder von Fátima“ auch fern der Heimat. Höhepunkt ist eine Lichterprozession im Oktober, zu der alle nach Münster kommen.

Besondere Rituale gibt es auch an Weihnachten und Ostern. „Als Zeichen der Verehrung küssen wir am Ende der Messe den kleinen Jesus beziehungsweise das Kreuz“, erklärt Adriana Schulten. Nichts für nüchterne Katholiken, wissen die portugiesischen Frauen. „Für uns ist das ein Ausdruck von Freude“, fügt Glória Nunes mit selbstbewusstem Stolz an.

Egal, welches Hochfest ansteht, nach dem Gottesdienst geht niemand direkt nach Hause. Mit Stockfisch, Kuchen und einem Gläschen Portwein wird weitergefeiert. „Wir brauchen diese gesellige Gemeinschaft“, erklärt Glória Nunes. Dann ist es wie zu Hause, in Portugal: Es wird viel und laut geredet.

Gudrun Niewöhner