„Gott wirkt in und durch uns“

, Stadtdekanat Münster, Kreisdekanat Warendorf

„Maria, dich lieben, ist allzeit mein Sinn …“ Bevor sie zu sehen sind, hört man sie schon. Mehr als 50 Katholiken aus Münster hatten sich am Sonntagmorgen, 2. September, vor dem St.-Paulus-Dom zur Stadtwallfahrt getroffen, um gemeinsam die knapp 13 Kilometer nach Telgte zu pilgern. An der rund 750 Jahre alten Linde werden sie mit Weihbischof Dr. Stefan Zekorn an der Spitze schon von Propst Dr. Michael Langenfeld und Mitgliedern der Telgter Wallfahrtsgilde erwartet. Gemeinsam gehen sie die letzten Meter zum Ziel: das Gnadenbild der Schmerzhaften Muttergottes. Unter dem Motto „Suche Frieden“ feiern sie als Höhepunkt ihrer Wallfahrt gemeinsam einen Gottesdienst unter den Augen der Gottesmutter von Telgte.

Weihbischof Dr. Stefan Zekorn pilgert mit den Katholiken aus Münster.

Weihbischof Dr. Stefan Zekorn (Mitte) hatte sich gemeinsam mit mehr als 50 Katholiken auf den Weg von Münster nach Telgte gemacht.

© Bistum Münster

„Ich sehe in Ihren Augen eine leichte Müdigkeit“, sagt Weihbischof Dr. Stefan Zekorn schmunzelnd am Anfang des Gottesdienstes in der Propstei- und Wallfahrtskirche St. Clemens. „Das darf aber auch sein. Schließlich sind wir schon seit sieben Uhr unterwegs.“ Sie hätten sich so früh auf den Weg gemacht, „weil wir glauben, dass alles Gute von Gott kommt. Und wir sind hier, um darum zu bitten, dass uns dieser Gedanke immer mehr durchdringt“, bringt er das Anliegen der Pilgertour auf den Punkt. 

„Gott ist uns nah.“ Mit dieser Aussage beginnt Zekorn seine Predigt, sich wohl bewusst, dass die Wirklichkeit eine andere ist. Angesichts von Hass, Kriegen und Krankheiten stelle man sich vielmehr die Frage: Wo ist Gott denn? „Gott ist der Schöpfer, er hat die Welt in Gang gesetzt. Und sie funktioniert nun nach den Gesetzen der Naturwissenschaften“, ist sich der Weihbischof sicher. „Wenn Gott ständig eingreifen würde, wäre es aus mit unserer persönlichen Freiheit. Aber genau die will Gott gerade“, hebt er hervor. 

Es sei aber nicht so, dass Gott tatenlos sei. „Maria hat ohne Mitwirken eines Mannes ein Kind empfangen. Wir nennen das Wunder.“ Gott handle nicht nach naturwissenschaftlichen Gesetzen. „Er hat auf eine Weise in Marias Leben eingegriffen, die nicht erklärbar ist. Und vor allem ist es nicht seine normale Art zu handeln.“ Vielmehr handle er in und durch uns Menschen. „Wenn uns plötzlich ein Gedanke durch den Kopf schießt, sich zum Beispiel für eine Person einzusetzen, auch wenn alle anderen dagegen sind, und Sie sich fragen, wo dieser Gedanke plötzlich herkommt, dann wirkt Gott in uns.“ 

Und er wirke auch durch uns und „braucht uns und unsere Hände, damit durch uns andere Menschen von Gott und seiner Liebe erfahren.“ Als Beispiel nennt Zekorn seine Feier zum 40-jährigen Abitur. Ein Schulkamerad, der krankheitsbedingt nicht teilnehmen konnte, hatte ihn gebeten, Grüße auszurichten. „Martin hat mir diesen Auftrag erteilt. Und es waren seine Worte, die ich weitergeben habe, nicht meine.“ Ähnlich sei es mit Gott. „Entscheidend dabei ist, dass wir uns auf das Wirken Gottes in uns einlassen. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Gottes Geist in uns wirkt und ab und zu auch aus uns heraus. Ja, Gott ist uns nah.“ 

Diese Überzeugung teilt auch Maria Albrecht aus der Münsterschen Kirchengemeinde Liebfrauen-Überwasser. „Ich finde es toll, sich gemeinschaftlich auf den Weg zu machen, gemeinsam zu beten und Schönes zu erleben. Das nehme ich dann mit in meinen Alltag“, erklärt sie, warum sie sich auf Pilgerschaft begeben hat. Und sie findet es gut, „dass der Weihbischof den Gedanken der Gottesnähe in seiner Predigt aufgegriffen hat. Dieser Gedanke ist sehr wertvoll für mich.“   

Text/Bilder: Jürgen Flattken