Hungertuch in St. Marien greift die Zechenschließung in Waltrop auf

, Kreisdekanat Recklinghausen

Ein Hungertuch selbst zu gestalten, das hat seit 1996 Tradition in St. Marien. Auch die Beteiligung unterschiedlicher Gruppen gehörte von Anfang an zum Konzept. „Auf diesem Weg erreichen wir Menschen, die sonst nicht unbedingt in unsere Kirche kommen“, berichtet der emeritierte Pfarrer Franz Durkowiak, der sich auch heute noch in der Gemeinde engagiert. Und Cäcilia Braukmann fügt hinzu: „Das ist inzwischen ein Selbstläufer. Die Gruppen melden sich bei uns und fragen nach.“ Insgesamt haben sich in diesem Jahr rund 40 Menschen an der Gestaltung der sieben Bilder beteiligt, die auf dem acht Meter langen und zirka viereinhalb Meter breiten Hungertuch verteilt angebracht sind.

Vor dem Hungertuch mit den Bergbaumotiven stehen (von links) Michael Kulmann, Bettina Högn, Melanie Nowka, Kristina Wenner, Cäcilia Braukmann und Pfarrer em. Franz Durkowiak.

Die Motive des Hungertuchs in St. Marien Waltrop greifen die Schließung der Zeche Waltrop vor 40 Jahren auf. Beteiligt waren unter anderem (von links) Michael Kulmann, Bettina Högn, Melanie Nowka, Kristina Wenner, Cäcilia Braukmann und Pfarrer em. Franz Durkowiak.

© Bistum Münster

Der Liturgieausschuss St. Marien überlegt im Vorfeld gemeinsam, welches Thema sich für das Hungertuch eignet. In diesem Jahr haben die Motive allesamt einen Bezug zum Bergbau. Denn vor 40 Jahren hat die Zeche in Waltrop ihre Tore für immer geschlossen. „Unsere Kirche ist eng mit dem Bergbau verbunden. Sie wurde für die Menschen gebaut, die auf der Zeche gearbeitet haben“, berichtet Braukmann. So finden sich im Gotteshaus beispielsweise zwei Darstellungen der Schutzpatronin der Bergleute, der heiligen Barbara, oder auch Ständer aus Förderseilen. Die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) St. Marien richtet zudem jedes Jahr rund um den 4. Dezember, den Gedenktag der heiligen Barbara, eine Barbarafeier aus.

Die Motive, die auf 80 Zentimeter große Kreise aus Nesselstoff aufgebracht sind, haben die Beteiligten in Reißtechnik gestaltet. „Wir haben Schnipsel aus Tonpapier ausgerissen und daraus das Motiv gelegt. Das ist eine Technik, die jeder kann“, berichtet Bettina Högn. Sie hat sowohl mit Kindern aus dem Kindergarten St. Marien II den Barbaraturm erstellt als auch mit dem Familienkreis Beughold den Förderturm in der Mitte des Tuches gestaltet. „Wir haben mit unseren Kindern den Helm gefertigt. Dabei sind sie selbst auf die Idee gekommen, dass die Lampe an dem Helm auch leuchten muss und so Licht in das Dunkle bringt“, berichtet Kristina Wenner, Erzieherin im Kindergarten St. Marien I. Weitere Motive sind die Waschkaue (Gruppe „frauzeit“), das Butterbrot mit der Flasche (Jugend St. Marien), die Grubenlampe mit Werkzeug (Lebenshilfechor) sowie der Gürtel der Bergleute (Laudeskreis).

„Am Karfreitag ist es immer beeindruckend, wenn das Hungertuch in drei Etappen heruntergelassen und das große Kreuz sichtbar wird“, informiert Högn. Um 15 Uhr findet für die gesamte Pfarrei St. Peter, zu der St. Marien seit elf Jahren gehört, die Karfreitagsliturgie statt. Normalerweise können die Gruppen später ihre Symbole zur Erinnerung mitnehmen. Doch in diesem Jahr kommen sie noch einmal zum Einsatz. Denn für den Herbst ist in Zusammenarbeit mit dem Heimatverein eine Ausstellung zur Zechenschließung in der Kirche geplant.

Michaela Kiepe