Informationen aus erster Hand

, Kreisdekanat Steinfurt

Wie gestaltet sich das Leben auf dem Land in Äthiopien? Wie sieht es dort mit der gesundheitlichen Versorgung aus und wie arbeiten Krankenschwestern und Hebammen in dem ostafrikanischen Land? Auf diese und viele weitere Fragen erhielten 160 Schülerinnen und Schüler der Akademie für Gesundheitsberufe in Rheine Informationen aus erster Hand. Denn sie hatten Schwester Rita Schiffer zu Gast. Die Ordensfrau und Ärztin lebt und arbeitet seit 21 Jahren in Äthiopien und leitet das Attat-Landkrankenhaus. Als Projektpartnerin von missio ist sie in diesen Tagen im Bistum Münster unterwegs. So eben auch an der Akademie für Gesundheitsberufe der Mathias-Stiftung.

Der Kontakt zur Akademie kommt nicht von ungefähr, denn zwischen Rheine und dem Krankenhaus im Gurageland, einer der ärmsten Regionen Äthiopiens, gibt es eine enge Verbindung. „Meine Tante, Schwester Inge Jansen, ist eine der Gründungsschwestern des Krankenhauses vor knapp 50 Jahren“, berichtet Christel Remke-Smeek. Die Hebamme engagiert sich in der Ausbildung in Rheine und unterstützt seit ihrer Kindheit gemeinsam mit ihrer Familie und inzwischen vielen Menschen aus Rheine die Schwestern in Afrika. Regelmäßig reist sie nach Äthiopien. Von ihrem letzten Besuch im März hat sie einen Film über das Krankenhaus und die Arbeit erstellt. Interessiert verfolgten die Auszubildenden der unterschiedlichen Gesundheitsberufe diesen Einblick in eine ungewohnte Welt.

200 Mitarbeitende zählt das Attat-Landkrankenhaus, das über 95 Betten in großen Räumen verfügt. Allein 350 Patienten kommen täglich in die Ambulanz. 50 Prozent der Kosten müssen die Verantwortlichen über Spenden finanzieren. „Wir bieten den armen Menschen in der Region eine medizinische Basisversorgung an. Dafür müssen sie selbst auch einen Beitrag zusteuern, wenn es ihnen möglich ist“, sagt Schwester Rita. Ausgenommen seien Geburten. „Die Regierung hat die Mütter- und Kindersterblichkeit im Blick. Frauen müssen jetzt im Krankenhaus entbinden, damit ihnen bei Komplikationen wie Verbluten geholfen werden kann. Verbluten ist der Killer Nummer ein bei Geburten“, berichtet die 61-jährige Gynäkologin. Allerdings sei es schwierig, Blutkonserven zu erhalten. Die modernen Kommunikationsmittel seien in Regionen, in denen es eine schlechte Infrastruktur gebe, in solchen Fällen ein Segen. „Die begleitenden Angehörigen können per Handy schnell mögliche Spender aus der Familie erreichen“, informiert sie.

Ein Raunen geht durch den Raum, als Schwester Rita die Arbeitszeiten im Krankenhaus vorstellt. „Der Tagdienst geht von 8 bis 18 Uhr. Die Nachtschicht startet um 18 Uhr und endet um 8 Uhr.“ Eine andere Regelung sei nicht möglich, da es für die Mitarbeiter zu gefährlich sei, in der Dunkelheit unterwegs zu sein. „Dafür folgt auf eine einwöchige Nachtschicht auch eine Woche Freizeit“, erklärt die Ordensfrau weiter. Rund 3700 Kinder erblicken jährlich das Licht der Welt im Attat-Landkrankenhaus. „Wir arbeiten mit zwei Hebammen am Tag und zwei in der Nacht. Unser Rekord liegt übrigens bei 24 Geburten in 24 Stunden“, sagt Schwester Rita und lacht: „Da mussten alle mithelfen, die helfen konnten.“ Wichtig sei es, dass die Frauen, bei denen es zu Komplikationen kommen könnte, gut versorgt würden. „Die normalen Geburten laufen zwischendurch mit.“

„Unsere Patienten sind alle sehr kooperativ und geduldig. Sie sind froh, dass es uns gibt“, berichtet die gebürtige Niederrheinerin. Insgesamt lobt sie die Solidarität und die Bereitschaft zu teilen. „Für die Menschen ist es selbstverständlich, beispielsweise Flüchtlinge aufzunehmen. Sicherlich ist es eine Belastung, weil sie selber nicht viel haben, aber sie sehen die Hilfe als ihre soziale Verpflichtung an“, beschreibt sie die innere Einstellung vieler Menschen in Äthiopien. Diese Haltung gibt Schwester Rita am Ende ihren Zuhörerinnen und Zuhörern auf den weiteren Weg mit: „Freuen Sie sich und seien Sie dankbar über die Möglichkeiten, die Sie haben. Es ist nicht selbstverständlich.“

Weitere Informationen zum Krankenhaus gibt es im Internet unter www.attat-hospital.de.

Text/Fotos: Michaela Kiepe

Schulleiter Andreas Holtmann, Dr. phil. Anneliese Tometten-Iseke, Leiterin der Hebammenschule, Hebamme Christel Remke-Smeek, Hans Georg Hollenhorst, Referent der missio-Diözesanstelle, und Schwester Rita Schiffer (von links) stehen zusammen am Tisch und unterhalten sich.

Schulleiter Andreas Holtmann, Dr. phil. Anneliese Tometten-Iseke, Leiterin der Hebammenschule, Hebamme Christel Remke-Smeek, Hans Georg Hollenhorst, Referent der missio-Diözesanstelle, und Schwester Rita Schiffer (von links) freuen sich über das Interesse der Schülerinnen und Schüler der Akademie für Gesundheitsberufe Rheine.

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