Karnevalist und Schalke-Fan mit Down-Syndrom

, Stadtdekanat Münster

Karnevalslieder sind Niklas Kricks große Leidenschaft. Ob die Höhner, Kasalla oder Brings – der 17-Jährige strahlt über das ganze Gesicht, wenn es um die fünfte Jahreszeit geht. Das hat er von seinem Vater Andreas, der Vorstandsmitglied im Sprakeler Karnevalsverein ist. „Aber das ganze Jahr über Karnevalslieder hören wie Niklas, das ist selbst für mich zu viel“, sagt dieser schmunzelnd. Auch Niklas engagiert sich in dem Verein: Seit eineinhalb Jahren gehört er der Junggarde an. Auf den ersten Blick vielleicht keine Selbstverständlichkeit, denn Niklas wurde mit dem Down-Syndrom geboren.

Familie Krick

Niklas Krick (links) lebt zusammen mit seinen Eltern und seiner Schwester in Sprakel.

© Bistum Münster

„Wir haben erst am Ende der Schwangerschaft erfahren, dass Niklas nicht gesund ist“, erinnert sich Heike Krick. Sie und ihr Mann nahmen Niklas so an, wie er ist. „Selbst wenn wir es früher gewusst hätten, wäre ein Abbruch für mich nicht in Frage gekommen“, sagt Andreas Krick, der aber niemanden verurteilt, der für sich feststellen muss, dass er einem behinderten Kind nicht gerecht werden kann. Obwohl Niklas weitgehend selbstständig ist, sich morgens alleine anzieht und Frühstück macht, ist er auf Betreuung und Hilfe angewiesen. „Das wird auch sein ganzes Leben lang so bleiben“, weiß Heike Krick. Aber die Familie bekommt viel zurück: „Manchmal sagen wir scherzhaft, dass Niklas ein Helfer-Syndrom hat“, sagt die Mutter lachend. Man müsse ihn regelrecht bremsen, wenn ihm Spülmaschine ausräumen, Müll rausbringen und Aufräumen noch nicht genug sind.

Auch das kirchliche Leben spielt eine Rolle im Familienalltag. Andreas Krick engagiert sich im Pfarreirat, als Lektor und Kommunionhelfer in der Pfarrei St. Marien und St. Josef. Er freut sich, dass auch Niklas einen Bezug zur katholischen Kirche hat. Erst vor wenigen Wochen hat der 17-Jährige im St.-Paulus-Dom das Sakrament der Firmung empfangen. Weil die Vorbereitung coronakonform ablaufen musste, hat sich Niklas für eine Vorbereitung an besonderen Orten entschieden. „Wir waren mit unserer Gruppe auf einem Friedhof und auf dem Lamberti-Kirchturm ganz oben“, berichtet der junge Mann begeistert von den Erlebnissen und der besonderen Firmung im Dom.

Schmaler Grat zwischen Fördern und Fordern

Seit der 1. Klasse besucht Niklas die Papst-Johannes-Schule, die Förderschule für Geistige Entwicklung des Bistums Münster. Obwohl ihr Sohn nach dem Kindergarten eine normale Grundschule hätte besuchen können, haben sich die Eltern bewusst für die Papst-Johannes-Schule entschieden: „Es ist ein schmaler Grat zwischen Fördern und Fordern. Sonderpädagoginnen und -pädagogen können das sehr gut einschätzen“, sagt Andreas Krick, der Schulpflegschaftsvorsitzender an der Schule seines Sohnes ist. „Die Lehrerinnen und Lehrer dort haben immer im Blick, was das Beste für das Kind ist“, lobt er die Motivation des Kollegiums. Mittlerweile geht Niklas in die Berufspraxisstufe, in der die Schülerinnen und Schüler auf die Herausforderungen des Arbeitsmarktes vorbereitet werden. 

In zwei oder drei Jahren wird Niklas, der Schalke-Fan ist und selbst in einem integrativen Fußballverein kickt, die Schule abschließen. Für die Zeit danach hat er schon Pläne: „Ich möchte im Gartenbau arbeiten.“ Erfahrung bringt er reichlich mit: Teils stundenlang ackert er mit seinem Großvater im gemeinsamen Garten des Drei-Generationen-Hauses am Rand von Sprakel. Rasen mähen, „buddeln“ und Äste abschneiden macht Niklas am liebsten. Sowieso verbringt er gerne Zeit mit seinen Großeltern, die im Erdgeschoss wohnen. „Dank meiner Eltern hatten und haben wir fast nie ein Betreuungsproblem“, sagt Heike Krick und weiß diese Tatsache zu schätzen. Zugute kommen ihr und ihrem Mann das Angebot ihres gemeinsamen Arbeitgebers, einen Tag von Zuhause aus zu arbeiten und den anderen im Büro. „Wir beide setzen dies entgegengesetzt um, so dass immer jemand da ist, wenn Niklas von der Schule kommt“, sagt Heike Krick.

"Für mich ist Niklas ganz normal"

Manchmal ist auch seine Schwester Lena zu Hause und hat ein Auge auf ihren drei Jahre älteren Bruder. „Für mich ist Niklas normal, ich kenne ja keinen anderen Bruder“, sagt die 14-Jährige. Trotzdem weiß sie um seine Besonderheiten und hat deshalb ihre sogenannte Expertenarbeit in der Schule über das Down-Syndrom geschrieben: „Das Thema hat mich einfach interessiert.“ Und auch ihre Praktikum im kommenden Jahr hat mit Niklas zu tun: Zwei Wochen lang wird sie in der Papst-Johannes-Schule arbeiten und einen Einblick in den dortigen Schulalltag bekommen.

Demnächst geht es für die Familie erst einmal in den Urlaub. Statt wie sonst an die Nordsee oder nach Dänemark, steuern die Kricks erstmals die Berge an. Dass er am Strand nicht wird buddeln können, davon ist Niklas noch nicht so begeistert, aber: „Die Berge sind bestimmt auch schön“, hofft er. 

Ann-Christin Ladermann