„Katholisch und doch ganz anders“

, Stadtdekanat Münster

Alles begann an Weihnachten. Sören Runkel traf an seinem damaligen Arbeitsplatz im ökumenischen Institut in Münster Familie Sharko. Runkels Ehefrau Iryna, die er während seines Studiums in Lwiw kennengelernt hatte, war kurz zuvor erst selbst aus der Ukraine nach Münster gezogen. Weil die Ukrainische griechisch-katholische Kirche den sogenannten julianischen Kalender verwendet, fällt Heiligabend in der Ukraine auf den 6. Januar – in Münster ein gewöhnlicher Arbeitstag. „Und dann standen wir vor der Frage: Was machen wir an unserem Weihnachten? Feiern wir gemeinsam?“, erinnert sich Runkel. Zweimal pro Monat finden seitdem in Münster Gottesdienste in ukrainischer Sprache statt. Im Kapuzinerkloster kommen die Gläubigen dann zur „Göttlichen Liturgie“ zusammen, wie die Feier der Messe im byzantinischen Ritus auch genannt wird. Im Anschluss gibt es Kaffee und Kuchen für alle.

„Katholisch und doch ganz anders“, beschreibt Mariya Sharko ihre Religion. Ihr Ehemann ist Priester für beide Riten, den römischen und den byzantinischen. Mit ihren beiden Töchtern leben sie in Altenberge, wo Stepan Sharko das Seelsorgeteam der Pfarrei St. Johannes Baptist unterstützt. Gleichzeitig ist er auch Seelsorger der ukrainischen Gemeinde. Etwa 20 bis 25 Gläubige kommen regelmäßig zu den Gottesdiensten, bei besonderen Festen sind es auch schon mal 50.

Eine Besonderheit hat die Gemeinde, erklärt Sören Runkel: „Unsere Gemeinde ist sehr jung. Zu unseren Gottesdiensten kommen primär Familien mit Kindern und Studierende. Das Durchschnittsalter liegt vielleicht bei 24 Jahren.“
Seit 2016 bietet Mariya Sharko eine Sonntagsschule an. In zwei Gruppen – bis und ab vier Jahren – haben Kinder die Möglichkeit, spielerisch oder mit Hilfe von Lehrbüchern die ukrainische Sprache zu lernen. „Unsere beiden Töchter sind in Deutschland geboren. Trotzdem ist unsere Familiensprache Ukrainisch und es ist schön, wenn sie in der Gemeinde sehen, dass es anderen Kindern auch so geht, und sie sich mit ihnen in dieser Sprache unterhalten können“, erklärt sie. 

Ähnlich geht es Familie Runkel. Ihre beiden Kinder wachsen ebenfalls zweisprachig auf, die Riten und kulturellen Traditionen aus der Heimat von Ehefrau Iryna gehören fest zum Familienleben dazu. Einen Teil davon versucht Sören Runkel auch Außenstehenden nahe zu bringen: Im Sommer 2015 gründete er mit zwei Studierenden aus Münster, die ebenfalls ein Auslandssemester in der Ukraine verbracht haben, einen ukrainischen Kinoclub. „Wir haben ukrainische Filmproduktionen ausgewählt, die etwas von dem vermitteln, was das Land umtreibt“, erklärt er. Mit Themen wie Krieg und Vertreibung war das nicht immer leichte Kost. „Momentan ist der Club nicht sehr aktiv, aber wir möchten das wieder ändern“, sagt er.

Es sind nicht nur Land, Kultur und Menschen der Ukraine, die den Theologen begeistern. Der Referent der Katholischen Studierenden- und Hochschulgemeinde spürt vor allem eine Faszination für die „Göttliche Liturgie“, sagt er: „Der Gottesdienst ist für alle Sinne gemacht.“ Ob das goldene Messgewand, die vielen Wiederholungen in der Liturgie oder der intensive Weihrauch – der 34-Jährige hat in der ukrainischen Gemeinde in Münster eine „spirituelle Heimat“ gefunden.

Viel mehr als ein Stück Heimat ist das Treffen der Gläubigen für Nazar Yasinovskyy: „Die Gemeinde ist meine Familie in Münster.“ Der 27-Jährige ist Priesteramtskandidat für die griechisch-katholische Kirche und promoviert seit Oktober in Münster. Im Gottesdienst hilft er als Ministrant und Lektor. Und er singt im ostliturgischen Chor mit, so wie Mariya Sharko und Ehepaar Runkel. „Ich bin alleine hier angekommen, die Menschen waren mir fremd“, erinnert er sich. Dass er sich in Münster schon jetzt so wohl fühlt, liegt vor allem an der ukrainischen Gemeinde: „Da kann man sich in der Muttersprache austauschen und bekommt Hilfe und Unterstützung – auch in der Seelsorge.“ 

Bildunterschrift: Zweimal pro Monat kommen die Gläubigen zur „Göttlichen Liturgie“, der Pfarrer Stepan Sharko vorsteht, zusammen. (Foto: Sören Runkel)

Text: Bischöfliche Pressestelle/Ann-Christin Ladermann
 

Für Nazar Yasinovskyy, Mariya Sharko und Sören Runkel ist die ukrainische Gemeinde in Münster ein Stück Heimat.

Für Nazar Yasinovskyy, Mariya Sharko und Sören Runkel ist die ukrainische Gemeinde in Münster ein Stück Heimat.

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