Kirchliche Statistik für 2020: Deutlich weniger Kirchenaustritte – Corona beeinflusst Zahlen massiv

, Bistum Münster

Die Zahl der Kirchenaustritte ist im Bistum Münster im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr gesunken: 12.698 Katholiken erklärten ihren Austritt, das waren 3.956 weniger als 2020. Es ist aber dennoch die zweithöchste Zahl an Austritten, die bisher in einem Jahr festgestellt wurde. 255 Personen, die sie früher einmal verlassen hatten, traten im Bistum Münster im vergangenen Jahr wieder in die katholische Kirche ein, hinzu kamen 139 Eintritte aus anderen christlichen Konfessionen.

Bischof Genn: „Kirche und Gesellschaft brauchen ein neues ‚Normal‘“

Wie die Bischöfliche Pressestelle am 14. Juli in Münster weiter mitteilte, wurden 2020 im Bistum 9.804 Menschen durch die Taufe  in die Kirche aufgenommen, 4.256 weniger als 2019. Die aktuelle Katholikenzahl im Bistum lag Ende 2020 bei 1,79 Millionen, das sind rund 27.000 weniger als ein Jahr zuvor. Münster ist hinter dem Erzbistum Köln das zweitgrößte Bistum in Deutschland.

Einen deutlichen Rückgang gab es im vergangenen Jahr im Bistum Münster auch bei den Menschen, die sonntags an der Messe teilnehmen. 2020 waren es 89.062 Katholiken und damit 58.205 weniger als im Vorjahr. Rund drei Viertel der Pfarreien, die sich auf eine Befragung des Bistums zurückmeldeten, gaben aber an, in der Corona-Pandemie Streaming-Angebote im Internet und in Sozialen Netzwerken gemacht zu haben. Die Sonntagsgottesdienste wurden dabei im Durchschnitt in jeder Pfarrei, die ein solches Angebot machte, von rund 250 Menschen aufgerufen. Massive Rückgänge gab es 2020 auch bei Firmungen (2020: 8.099; 2019: 11.748), Erstkommunionen (2020: 11.428; 2019: 14.094) und kirchlichen Trauungen (2020: 903; 2019: 3.280). Leicht gestiegen ist die Zahl der Bestattungen (2020: 19.487; 2019: 19.354).  

Der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, erklärt zu den Zahlen: 

„Einen gewissen Rückgang hatten wir in den vergangenen Jahren immer zu verzeichnen. Die Zahlen des Jahres 2020 sind aber massiv von der Corona-Pandemie beeinflusst. Kirchliches Leben in größerer Gemeinschaft war im vergangenen Jahr leider nur begrenzt möglich. Umgekehrt dürfen wir uns die Tatsache, dass 2020 weniger Menschen aus der Kirche ausgetreten sind, nicht schönreden. Die Amtsgerichte waren zeitweise geschlossen, und viele Menschen hatten zudem sicher andere Sorgen. Dieses Jahr holt uns die Wirklichkeit mit, soweit wir das im Moment wissen, deutlich höheren Austrittszahlen wieder ein. 

Noch befinden wir uns – trotz aktuell mutmachender Entwicklungen in unserem Land – mitten in der Pandemie. Wie geht es nach der Pandemie oder dann, wenn wir diese wirklich weltweit im Griff haben, weiter? Diese Frage stellen sich derzeit viele. Sehr laut geäußert wird dabei der Wunsch nach einer Rückkehr zur Normalität. Gemeint ist damit der Zustand vor Beginn der Pandemie. Aber wollen wir das wirklich? Nein! Nichts wäre falscher, als so weiter zu machen wie vor der Pandemie. Denn es ist doch nicht normal, dass wir unseren Planeten für die kommenden Generationen unbewohnbar machen! Es ist nicht normal, dass wir in den reichen Ländern auf Kosten der Armen leben! Es ist nicht normal, dass Menschen, die sich nach einem guten Leben sehnen, auf Mauern und Stacheldraht stoßen, eingepfercht werden oder ihr Leben verlieren! Und es ist nicht normal, dass wir uns in der Kirche viel mehr um uns selbst drehen als für die Menschen da sind.  

Gesellschaft und Kirche brauchen nach der Pandemie ein neues ‚Normal‘. Die Krise, die wir als Gesellschaft und Kirche durch Corona erleben, muss ein Weckruf sein, überkommene Denkmuster und Verhaltensweisen aufzugeben und mutig Neues zu wagen. Als Gesellschaft müssen wir erkennen, dass in vielen Feldern Weniger Mehr ist: Wir brauchen weniger Konsum, weniger Egoismus, weniger Gewinnorientierung. Notwendig sind mehr Verzicht, mehr Solidarität, mehr Bewusstsein für die Verwundbarkeiten unserer Welt und mehr Sorge füreinander – im Kleinen wie im Großen. 

Und als Kirche muss unser neues Normal so aussehen, dass wir einladend, optimistisch, fröhlich Kirche im Dienst an den Menschen sind. Als Kirche werden wir uns für dieses Normal in der Gesellschaft einsetzen, nicht nur an der Seite der Armen, Entrechteten und Einsamen, sondern mitten unter ihnen. Das ist die Botschaft Jesu Christi, der als Erlöser aller Menschen in die Welt gekommen ist und das Zentrum unseres Glaubens und allen kirchlichen Lebens darstellt.“