Kita-Träger tauschen sich mit Politik aus

, Kreisdekanat Steinfurt

Wenn es um die Kinder geht, wollen sie nur das Beste. Allerdings setzen Geld und Gesetze ihnen dabei Grenzen. Um sich über die Erwartungen und Anforderungen an eine erneute Überarbeitung des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) in Nordrhein-Westfalen auszutauschen, haben sich am 6. Februar Vertreter der katholischen und evangelischen Kirchen als Trägerinnen von Kindertagesstätten (Kitas) im Kreis Steinfurt mit den Landtagsabgeordneten Andrea Stullich (Rheine, CDU) und Norwich Rüße (Steinfurt, Bündnis 90/Die Grünen) getroffen. In der „ökumenischen KiBiz-Runde“ waren sich Politiker und Kirchenvertreter einig: Es muss sich einiges ändern. Andrea Stullich fasste das zweistündige Gespräch am Ende zusammen: Mehr Geld, weniger Antragsbürokratie.

Vertreter der katholischen und evangelischen Kirchen im Kreis Steinfurt tauschten sich mit den Landtagsabgeordneten Andrea Stullich und Norwich Rüße zum Thema Kinderbildungsgesetz aus.

Vertreter der katholischen und evangelischen Kirchen im Kreis Steinfurt tauschten sich mit den Landtagsabgeordneten Andrea Stullich und Norwich Rüße zum Thema Kinderbildungsgesetz aus.

Sie machten ihre Arbeit gerne, weil sie „sinnstiftend ist“, erklärte Uta van Delden, Geschäfts-führerin des Kindergartenverbundes im evangelischen Kirchenkreis Tecklenburg, im Namen ihrer Kolleginnen. Sabine Kortas, Fachberaterin im Kindergartenverbund des Kirchenkreises Steinfurt-Coesfeld-Borken, ergänzte: „Es macht Freude, die Mädchen und Jungen aufwach-sen und lernen zu sehen.“
Nichtsdestotrotz nutzten die Fachfrauen die Gelegenheit, um auf einige Schwachstellen des Systems hinzuweisen. Und das taten sie ziemlich deutlich: In den allermeisten kirchlichen Ein-richtungen fehle es an Personal. Sobald eine Erzieherin beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen ausfalle, sei eine Vertretung nur schwer oder gar nicht zu bekommen: „Wir haben einen Fachkräftemangel“, benannte Tatjana Lücke, Fachbereichsleiterin der Caritas Rheine, ein drängendes Problem. Die Leitungen verzichteten deshalb oft auf ihre Freistellungen für administrative Aufgaben, um in den Gruppen auszuhelfen.
Die Expertinnen aus der Kita-Praxis sparten nicht mit Kritik. Auch wenn ihr Hinweis auf ei-nen Urlaubsanspruch für Kinder von der Kita nicht wörtlich gemeint war, so forderten sie doch Zeiten, in denen die Mädchen und Jungen von ihren Eltern betreut werden: „Wir öffnen unsere Tagesstätten deshalb bewusst nicht das ganze Jahr“, sagte Uta van Delden für die evangelischen Einrichtungen im Kirchenkreis Tecklenburg. Ohne moralisierend werden zu wollen, sprach sich auch Kreisdechant Markus Dördelmann von der katholischen Kirche für ein Recht der Kinder auf Ruhe aus. „Wir machen uns damit zum Anwalt der Kinder“, betonte er. Joachim Anicker, Superintendent des Kirchenkreises Steinfurt-Coesfeld-Borken, appellier-te an die Fürsorge der Eltern. Unterstützung bekam er dabei von Rüße: „Wer eine Familie gründet, übernimmt Verantwortung.“
Bei der Vergabe von Kita-Trägerschaften fühle man sich von den Kommunen oft übergangen, erklärte Claudia Brinkmöller, Geschäftsführerin des Kindergartenverbundes im Kirchenkreis Steinfurt-Coesfeld-Borken: „Vielfach wird nur auf Kriterien wie beispielsweise lange Öff-nungszeiten geachtet.“ Die tarifliche Bezahlung des Personals sowie die Betreuung der Kinder durch qualifiziertes Fachpersonal - beides ist bei kirchlichen Trägern üblich -  spielten für die Politik selten eine Rolle. Man wolle als Kirche keineswegs die Trägerhoheit, führte Dördel-mann weiter aus: „Wir sind für eine Vielfalt, das Niveau in den Einrichtungen darf aber nicht heruntergeschraubt werden.“
Tobias Mühlhause, Leiter der Zentralrendantur im katholischen Dekanat Steinfurt, verwaltet mehr als 40 Einrichtungen: „Die Einführung der Gruppen für Unterdreijährige hat uns sehr beansprucht.“ Er hofft, dass sich das System möglichst bald wieder beruhigt.
Zwar sei das von der Landesregierung beschlossene millionenschwere „Rettungspaket“ eine Finanzspritze, doch dringend notwendig sei eine Novellierung des bisherigen Kinderbildungs-gesetzes auch, um die Finanzierung der Betriebskosten sicherzustellen. Mühlhause sieht die katholischen Träger mit vielen alten und damit sanierungsbedürftigen Immobilien zudem in einer schwierigen Situation: „Wir benötigen weitere Mittel um die Einrichtungen bedarfsge-recht zu sanieren und auszubauen.“
Stullich und Rüße hörten den Kirchenvertretern zu, fragten nach und versprachen, wiederzu-kommen. Noch in diesem Jahr. Bis dahin sind die politischen Überlegungen für eine Überar-beitung des Kinderbildungsgesetzes in Düsseldorf vermutlich fortgeschritten. Nach derzeiti-gen Plänen soll diese zum Kitajahr 2019/2020 in Kraft treten.


Gudrun Niewöhner