Mal mehr, mal weniger: Arbeitszeit nach Lebensphasen

, Kreisdekanat Recklinghausen

Familie und Arbeitswelt waren die zentralen Themen auf dem Bezirkstag der Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Recklinghausen in Datteln. Gut 70 Delegierte und Gäste begrüßte der Bezirksvorsitzende Klaus-Dieter Amtmann im Reinhard-Lettmann-Haus. Nach den Regularien diskutierten die Delegierten über eine familiengerechte Arbeitswelt und Familienpolitik in drei Workshops mit Fachreferenten aus der Kommunal- und Landespolitik und dem Gewerkschaftsbund. 

Wie sieht familiengerechte Arbeitswelt aus – darüber diskutierte der KAB Bezirk Recklinghausen mit Gästen aus Politik und Gewerkschaft: (von rechts) Klaus Dieter Amtmann (KAB), Wolfgang Wagner (KAB), Josef Hovenjürgen (MdL, CDU), Mark Rosendahl (DGB), Thomas Bylebyl (Jugendamt Datteln) und Barbara Schild (KAB).   

© KAB

Als Eckdaten einer familiengerechten Arbeitswelt nennt der KAB Bezirksverband unter anderem Arbeitszeitvereinbarungen, die Rücksicht auf unterschiedliche Lebensphasen nehmen, das Recht auf Wiederkehr auf den Arbeitsplatz nach familienbedingter Beurlaubung, das Recht auf Teilzeit sowie die Rückkehr von Teilzeit auf Vollzeit. Betrieblich unterstützte Betreuungseinrichtungen für Kinder müssten geschaffen und ausgebaut werden, so die Delegierten. Zudem fordert der KAB-Bezirk eine Verbesserung der Vergütung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Betreuungseinrichtungen.

Außerdem bekräftigten die KAB-Delegierten die Forderung an die NRW-Landesregierung, die im Gesetz zur Regelung der Ladenöffnungszeiten die Möglichkeiten einer Öffnung von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen zu streichen und so dem grundgesetzlich festgeschriebenen Schutz des Sonntags Genüge zu tun.

„Wir planen und bauen für Kinder, die noch nicht geboren sind“, machte Thomas Bylebyl vom Jugendamt Datteln anschaulich, wie Städte ihre Raumangebote für Kinder planen und welche finanzielle Ressourcen dafür eingesetzt werden müssen. Er verwies darauf, wie sich Veränderungen in der Arbeitswelt sofort auf Familien und damit auch auf die Notwendigkeit städtischer Angebote auswirkten: Schließen Kindertageseinrichtungen zwischen 16 und 17 Uhr, würden Tagesmütter für jene Kinder vermittelt, deren Eltern beispielsweise längere Arbeitszeiten oder Schichtdienst hätten. 

Insgesamt wünschten sich junge Menschen – und vor allem junge Eltern – weniger Wochenarbeitszeit, berichtete Gewerkschaftssekretär Mark Rosendahl (DGB Emscher Lippe). So hätten sich die Mitglieder der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG vor kurzem für mehr Freizeit statt für mehr Geld entschieden. Diese Tendenz sei auch bei den Abschlüssen der IG Metall zu beobachten, sagte Rosendahl weiter. Je nach Lebensphase unterschiedlich lang arbeiten – das böten die sogenannten Lebensphasenmodelle. Genutzt würden diese eher von jüngeren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Zeit mit der Familie verbringen möchten. 

Josef Hovenjürgen, Generalsekretär der CDU-NRW und Landtagsabgeordneter, sieht viele Baustellen, wenn es um Schulen, Ausbildung und Betreuungszeiten geht. Die Einführung von Erziehungszentren vor einigen Jahren bewertete er als positiv. Kritisch betrachtete er die Beitragsfreiheit für das dritte Kindergartenjahr wie auch die unterschiedlichen Elternbeiträge in den Kommunen. 

Eine lebhafte Diskussion zwischen dem Landtagsabgeordneten und den KAB-Delegierten entwickelte sich bei dem Thema Sonntagsarbeit. Die KAB-Delegierten übten deutlich Kritik an der Neuregelung der „Verkaufsoffenen Sonntage“. Hovenjürgen verteidigte das sogenannte Entfesselungspaket der Landesregierung und die Ausweitung der möglichen verkaufsoffenen Sonntage in den Städten. 

Landrat Cay Süberkrüb unterstrich in seinem Grußwort die Forderung der KAB. „Wir brauchen einen sozialen Arbeitsmarkt.“ KAB, DGB und der Kreis Recklinghausen überarbeiten derzeit gemeinsam den „Vestischen Appel“, der einen sozialen Arbeitsmarkt im nördlichen Ruhrgebiet für Langzeitarbeitslose fordert. Für die enge Zusammenarbeit bedankte sich der Landrat bei der KAB ausdrücklich. Dattelns Bürgermeister Andrè Dora erinnerte daran, wie sehr die Digitalisierung die Arbeitswelt, den Alltag und das gesellschaftliche Leben verändert habe und es noch weiter tun werde. Die KAB nehme nicht alles als gegeben hin, sondern hinterfrage und sei kritisch, lobte der Bürgermeister den Verband. Am Ende dankte Martin Berke, Vereinsvorsitzender St. Josef Datteln, allen, die diesen Tag tatkräftig vorbereitet hätten. 

Heike Honauer