Markus Wonka über das Forum Sexualmoral beim Synodalen Weg

, Kreisdekanat Warendorf

Für Dr. Markus Wonka ist der Weg das Ziel des Synodalen Prozesses der katholischen Kirche: „Am Ende ist vielleicht nicht entscheidend, was entschieden wird, sondern wie diskutiert wird.“ Der Leiter der Abteilung Seelsorge im Bischöflich Münsterschen Offizialat in Vechta, der als Berater bei dem auf zwei Jahre angelegten Gesprächsprozess mitwirkt, wollte am 17. September im Pfarrzentrum in Rinkerode keine Erwartungen auf baldige Veränderungen wecken.

Wonka war auf Einladung der Pfarrei St. Regina in den Ort gekommen, um einen Einblick in die Arbeit des Synodalforums „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ zu geben. Anlass war die zehn Jahre zurückliegende Fusion der Gemeinden in Drensteinfurt, Rinkerode und Walstedde. „Für uns ist das Grund genug, den Blick weiter nach vorne zu richten“, betonte Pastoralreferentin Barbara Kuhlmann, „so, wie es die katholische Kirche mit dem Synodalen Weg macht.“

Viele Erwartungen und Fragen zur Verbindlichkeit des Prozesses stünden im Raum, erklärte Wonka, der zunächst in einem kurzen Abriss auf die Entstehungsgeschichte des Synodalen Wegs einging. Er selbst berät seit mehreren Jahren die Kommission „Ehe und Familie“ der Deutschen Bischofskonferenz. In den vergangenen Monaten hat er an einer ersten Textvorlage des Forums zur Sexualmoral mitgearbeitet. Diese wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei der Regionalkonferenz Anfang September in Dortmund vorgelegt, wo Wonka ebenfalls teilgenommen hat. „Jedes Mal gibt es eine Diskussion um den Titel des Forums“, berichtete der Theologe, suggeriere dieser doch, dass Sexualität nur in der Partnerschaft gelebt werden kann und darf. „Aber es wäre zu wenig, nur über eine Sexualität zu sprechen, die ausschließlich auf Paare reduziert ist“, betonte er.

Die klassische Lehre der Kirche sehe Sexualität nur in der Ehe und nur mit Blick auf die Zeugung von Nachkommen, fasste Wonka zusammen. „Das steht so im Katechismus, wird aber nur von einer Minderheit der Katholiken auch so gelebt.“ Gerade junge Menschen hätten größtenteils überhaupt kein Interesse mehr an der Meinung der Kirche zu diesem Thema. „Wir müssen uns darum fragen, wie eine Norm aussehen kann, die dem heutigen Menschen Orientierung gibt“, verdeutlichte Wonka. Für ihn ist noch eine ganz andere Frage zentral: „Müssen wir als Kirche nicht mit einem Schuldbekenntnis anfangen und um Verzeihung bitten?“ Aus seiner Praxis als langjähriger Leiter der Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL) im Bistum Münster wisse er: „Was manche Frauen in Beichtstühlen zu hören bekommen haben, ist beschämend.“ 

Dr. Markus Wonka berichtete im Pfarrzentrum in Rinkerode über den Stand der Dinge im Forum zur Sexualmoral beim Synodalen Weg.

© Bistum Münster

Das Forum zur Sexualmoral habe die Frage in den Mittelpunkt gestellt: „Muss die bestehende Lehre vertieft oder weiterentwickelt werden?“ Ganz glücklich ist Wonka über die gewählten Begriffe nicht: „Eine Weiterentwicklung schließt eine Vertiefung nicht aus.“ Gemeinsamer Nenner der beiden Gruppierungen – die Mehrheit spreche sich für eine Weiterentwicklung aus – seien die Werte für eine Beziehung in Liebe und Sexualität auf Basis von Würde und Liebe. „Dazu zählen Treue, Dauerhaftigkeit oder auch Verbindlichkeit“, verdeutlichte Wonka.

Diskutiert werden müsse in den kommenden Monaten unter anderem darüber, ob gelebte Sexualität auch vor und außerhalb der Ehe anerkannt wird. Auch die Frage der Mehrdimensionalität von Sexualität sei zentral: Auf Grundlage der Erfahrungen von christlichen Paaren und von humanwissenschaftlichen Aussagen sei Sexualität beziehungsstiftend und lustvoll, sie vermittele Identität und spende Leben. „Dabei sind diese Dimensionen aber je nach Lebensphase unterschiedlich ausgeprägt“, betonte Wonka.

Viele strittige Fragen stünden mit Blick auf die weitere Arbeit im Raum, darunter die Frage nach der Rolle der Ehe sowie dem Umgang mit Homosexualität und der Wiederheirat Geschiedener. Wonka lassen die Konferenzen mal hoffnungslos, mal hoffnungsvoll zurück: „Es wäre schon viel erreicht, wenn wir am Ende einen Text hätten, der von der Mehrheit, also von mindestens Zweidrittel der Synodalen akzeptiert wird, und mit dem der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz nach Rom fahren und sagen kann: So denkt die deutsche Kirche.“

Synodaler Weg

In ihrem Reformdialog auf dem Synodalen Weg wollen die deutschen katholischen Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken über die Zukunft kirchlichen Lebens in Deutschland beraten. Ein Ziel ist, nach dem Missbrauchsskandal verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen.

Die Initiative, die es in dieser Form in der katholischen Kirche noch nie gab, ist auf zunächst zwei Jahre angelegt. Oberstes Organ des Synodalen Wegs ist die Synodalversammlung. Sie zählt 230 Mitgliederinnen und Mitglieder, die für eine möglichst große Bandbreite kirchlichen Lebens stehen sollen. Schwerpunktthemen des Reformdialogs sind die Sexualmoral, die priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche.

 

Ann-Christin Ladermann