In Recke aufgewachsen, hat Karsten Kißler keine schönen Erinnerungen an die Kindheit in seiner Heimatpfarrei: „Ich saß sonntags in der Messe - und da war für mich nicht viel, weil ich ja nichts hören konnte.“ Erst als Kißler eine Förderschule in Münster besuchte, änderte sich etwas. Immer öfter ging er in Gottesdienste, in denen es einen Gebärdendolmetscher gab. Seine Firmung wird er nie vergessen. Der 2013 verstorbene Bischof Reinhard Lettmann spendete ihm und seinen Klassenkameraden das Sakrament.
Schon früh wurde der gelernte Buchbinder, der heute in einer Druckerei arbeitet, Mitglied im Gehörlosenverein. An jedem zweiten Samstag im Monat kommen Betroffene in Rheine zusammen. Beginn ist immer mit einem Gottesdienst. Das Bistum Münster, wissen Kißler und Rubbert, ist in der Seelsorge für Menschen mit Gehörlosigkeit gut aufgestellt. Trotzdem haben sie Verbesserungsvorschläge: „Wir wünschen uns mehr Seelsorge vor Ort.“ Ideen, wie das gehen kann, haben sie. Ein Pilotprojekt ist angedacht.
Wie Gehörlose oder Schwerhörige mit Gott in eine Beziehung treten können, davon kann auch Michael Rubbert berichten. Nach dem Abitur ging er nach Nordkirchen, wurde Finanzbeamter. Doch diese Aufgabe machte ihn nicht glücklich. Rubbert wollte Theologie studieren und Priester werden: „Das scheiterte jedoch nach zwei Jahren an der komplizierten Kommunikation.“ Heute arbeitet er in der Schulabteilung des Bistums in Münster und tritt ehrenamtlich für seinen Glauben ein. Karsten Kißler und er haben sich zu Wortgottesdienstleitern ausbilden lassen, sie springen ein, wenn kein Priester für den Gehörlosen-Gottesdienst übernehmen kann.
Sich von Gott berühren lassen – Kißler und Rubbert nehmen diesen Satz wörtlich: „Weil wir ihn nicht laut hören können, müssen wir ihn durch andere Sinne spüren.“
Gudrun Niewöhner