Vor sechs Jahren hat Marion Schmelter diesen besonderen Chor gegründet. „Damals haben wir mit zwölf Mitgliedern begonnen. Inzwischen sind wir 40 und haben einen Aufnahmestopp“, berichtet die 74-Jährige nicht ohne Stolz. Mutig sein und loslegen, das war ihre Devise. Die hat wunderbar funktioniert. Menschen mit und ohne Behinderung, die sich alle zwei Wochen aus dem gesamten Kreis Warendorf auf den Weg nach Enniger machen, eint die Freude an der Musik und die Lust am Singen. „Wenn ich das Miteinander beobachte, geht mir das Herz auf“, sagt Schmelter, die natürlich auch gemeinsam mit ihrem Ehemann Herbert Teil des Chores ist. Dann fügt sie noch hinzu: „Und Daniela König als Chorleiterin war für uns ein Sechser im Lotto.“
Singen verbindet im Inklusionschor Enniger „wir sind’s“
, Kreisdekanat Warendorf
Während Chorleiterin Daniela König noch einige Stühle im hinteren Bereich der St.-Mauritius-Kirche in Enniger aufstellt, kommen bereits die ersten Sängerinnen und Sänger. Sie schauen sich um, begrüßen sich, setzen sich auf ihre Plätze und sind schnell im Gespräch. Alle sind pünktlich gekommen, so dass die Probe starten kann. Es wird ernst. Naja, ernst ist vielleicht ein wenig übertrieben, denn König gelingt es, mit viel Humor, Engagement und Empathie die Chormitglieder des Inklusionschores Enniger „wir sind’s“ musikalisch mitzunehmen.

Mit Begeisterung leben die Chormitglieder die Inklusion.
© Bistum Münster
Mit viel Freude leitet Daniela König (vorn) den Inklusionschor Enniger „wir sind’s“. Manchmal erhält sie Unterstützung von Chormitglied Maurice Maiulllari, der Einwürfe der tiefen Stimmen dirigiert oder den Chor auf der Cajón begleitet .
© Bistum MünsterKönig, die als Heilerziehungspflegerin im Wohnheim St. Marien am Voßbach in Enniger arbeitet, macht die Chorleitung sichtlich Spaß. „Wir singen einstimmig und nicht nach Noten. Zu unserem Repertoire gehören einige Kirchenlieder, aber vor allem viele beliebte deutschsprachige Song wie ‚Wunder geschehen‘, ‚Seite an Seite‘, ‚Tage wie diese‘ oder auch ‚Lass die Sonne in dein Herz‘“, informiert die 47-Jährige. Letzteres sei übrigens so etwas wie die Hymne des Chors.
Bei der heutigen Probe stehen die Lieder auf dem Programm, die beim nächsten Auftritt präsentiert werden sollen. „Wir sind sehr gefragt. Eigentlich wollten wir maximal zwei Auftritte monatlich machen. Inzwischen sind es manchmal schon bis zu vier. Wir können nicht mehr alles annehmen“, verrät Schmelter.
Gestartet wird mit Dehn- und Stimmübungen. Über ihr Handy steuert König das instrumentale Playback. Die Sängerinnen und Sänger beginnen mit „Über sieben Brücken musst du gehen“. Nach kurzer Zeit stoppt König. „So, jetzt macht euch noch einmal locker. Ihr müsst das Lied mit Gefühl singen. Auf Lautstärke kommt es nicht an“, korrigiert sie und startet erneut die Musik. Sie muntert die Teilnehmenden auf, sich zur Musik zu bewegen und spricht lautlos den Text deutlich mit. Und plötzlich klappt es auch mit dem Gefühl. „Ja, das ist super“, ruft sie ihrem Chor zu.

Viel Freude haben die Mitglieder des Inklusionschors Enniger "wir sind's" bei den Proben und Aufführungen.
© Bistum MünsterBei manchen Stücken holt sie sich aus dem Chor Unterstützung. Dann dirigiert der 21-jährige Maurice Maiulllari die musikalischen Einwürfe der tiefen Stimmen oder holt seine Cajón hervor, um Lieder rhythmisch zu begleiten.
Den Sängerinnen und Sängern sieht man die Freude an. Sie bewegen sich im Takt, schauen auf König, klatschen mit und haben einfach gute Laune. „Es macht richtig Spaß, in diesem Chor zu singen. Wir unternehmen auch viel gemeinsam und unsere Chorleiterin ist super lieb“, lobt Inge Vossel, die sogar ein kleines Solo singt.
Für Schmelter, die sich ehrenamtlich bei der Stadt Ennigerloh als Inklusionsbeauftragte engagiert hat, ist der Chor eine Herzensangelegenheit. „Inklusion darf nicht im Verborgenen stattfinden. Wir müssen in die Öffentlichkeit gehen. Und das kann man am bestens beim gemeinsamen Singen“, ist sie überzeugt. Das sieht auch der Allgemeine Cäcilien-Verband so und hat kürzlich den Chor mit dem Prädikat „Hier klingt’s mir gut“ ausgezeichnet. Denn musikalische Teilhabe bedeutet Selbstvertrauen, gegenseitiges Verständnis und gesellschaftlicher Zusammenhalt.
Michaela Kiepe