Missionar Georg Aßmann aus Ahlen zur Corona-Krise in Tansania

, Kreisdekanat Warendorf

„Die Lage scheint unübersichtlich zu sein.“ Mit wachsender Sorge beobachtet Pastor Georg Aßmann die Ausbreitung des Coronavirus in Tansania. 17 Jahre lang hat der Ahlener im nördlichen Bundesland Manyara gelebt und dort die Josef-Gemeinde in Landanai geleitet. 2018 kehrte er in seine westfälische Heimat zurück. Meldeten afrikanische Länder lange relativ niedrige Infektionszahlen, erkranken nun zunehmend mehr Menschen an dem Coronavirus. Tansania zählt zu den armen Ländern Afrikas mit einem ohnehin schon mangelhaften Gesundheitssystem, gerade in den ländlichen Regionen. Aßmann weiß: „Es fehlt an Ressourcen, um die weitere Ausbreitung der Krankheit erfolgreich zu verhindern.“

Es sei schwierig, an verlässliche Nachrichten zu kommen, sagt der Geistliche. „Die meisten sind – der politisch-kontrollierten Presse geschuldet – wenig aussagekräftig.“ Besonders auf dem Land, wo Aßmann tätig war, hätten die Menschen nur die Möglichkeit, sich mit ihrem Handy auf „Corona-Websites“ zu informieren, „und da sind sehr viele Fake-News dabei“, so seine Erfahrung. 

Als großes Problem sieht der frühere Missionar die fehlende Bildung an. Aßmann gibt ein Beispiel: „In einem Video habe ich einen Maasai gesehen, der ‚seine‘ Leute aufforderte, auf Handhygiene zu achten. Allerdings hat er selbst nicht verstanden, was er weitergeben soll, denn statt ‚sanitizer‘ (Desinfektionsmittel) forderte er zum Händewaschen mit ‚Sendeka Laizer‘ (ein korrupter Politiker) auf.“ Ein Sprach- und Bildungsmangel, der dem Priester in seiner Zeit häufig begegnet ist. 

Hygiene sei auf dem Land ein Problem, es gebe nur wenige richtige Toiletten und Waschbecken. Körperpflege und saubere Kleidung seien bei den hohen Temperaturen und dem sintflutartigen Regen der letzten Zeit, der viele Häuser zum Einsturz brauchte und Menschen obdachlos machte, kaum umsetzbar. Sauberes Wasser, geschweige denn Desinfektionsmittel, seien in der Gegend Mangelware. „Der Aufruf zum häufigen Händewaschen bleibt irgendwo in der Luft hängen“, sagt der Ahlener.

Immerhin: Mit Wasser kann seine ehemalige Pfarrei Abhilfe schaffen. In Landanai konnten in der Vergangenheit zwei Brunnen gebaut werden, davon einer auf dem Gelände des Internats, das die Pfarrei für junge Massai errichtet hat. „Die Internatsleitung hat beschlossen, kostenlos Wasser an diejenigen abzugeben, die darum bitten“, ist er dankbar. Die entstehenden Kosten für die Pumpe, den Strom und die Angestellten würden von den Förderern des Internats getragen. 

Besorgt schaut Aßmann auf den Generalverdacht, unter dem „Weiße“ im Land stünden, überwiegend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen (NGO), Chinesen oder Inder. „Der angeblich erste Corona-Patient war eine aus Belgien zurückgekehrte Tansanierin“, erzählt er. „So hat sich das Gerücht verbreitet, die Krankheit sei von Weißen eingeschleppt beziehungsweise die Weißen seien ‚Schuld‘ daran.“ 

Betroffen zeigt sich Aßmann auch von den Verschwörungstheorien, die die Ausbreitung des Coronavirus in Afrika begleiten. „Wenn Sekten in Tansania von einer ‚Strafe Gottes‘ sprechen, verunsichert das die Menschen“, weiß er. Informationen, die Angst machen, könnten sehr überzeugend sein. „An unserer Schule haben wir immer versucht, die Bedeutung von Bildung zu vermitteln, auch und gerade im Bereich der Landessprache Kiswahili, damit Nachrichten klar verstanden werden“, blickt Aßmann zurück und fordert: „Die Kirche vor Ort kann hier einen Beitrag leisten und in der konkreten Situation mit der These der Gottesstrafe aufräumen.“

Ann-Christin Ladermann