Münsteraner Religionsvertreter rufen zu christlich-jüdischem Dialog auf

, Bistum Münster, Stadtdekanat Münster

Zunehmende antisemitische Angriffe und Drohungen, judenfeindliche Hetze in den sozialen Netzwerken: Angesichts dieser Beobachtungen rufen der katholische Stadtdechant Jörg Hagemann und Sharon Fehr, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Münster, kurz vor Beginn der „Woche der Brüderlichkeit“ zum christlich-jüdischen Dialog auf.

Stadtdechant Jörg Hagemann und Sharon Fehr

„Sowohl kirchlich als auch gesellschaftlich müssen wir gemeinsam Sorge tragen, dass das Leid des jüdischen Volkes nicht vergessen wird“, betont der Stadtdechant. Die „Woche der Brüderlichkeit“ widmet sich in diesem Jahr mit dem Leitwort „Mensch, wo bist Du?“ dem Kampf gegen Judenfeindlichkeit. In Münster wird sie am Montag, 11. März, um 20 Uhr im Festsaal des Rathauses eröffnet.

Mit Sorge betrachten Fehr und Hagemann die zunehmende Verunsicherung der Juden, auch in Münster: „Sieht man von einem Gewehrschuss auf eines unserer Gemeindefenster vor drei Jahren und einigen Schmierschriften ab, fühlt sich jüdisches Leben hier zwar noch eher wie auf einer ‚Insel der Friedliebenden‘ an“, beschreibt Fehr. Dennoch dürfe man die Augen aufgrund zahlreicher antisemitischer Vorfälle in Nachbarstädten nicht von einer Zuspitzung der Thematik verschließen. Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde spricht von einem „alten, tradierten Antisemitismus“: „Man traut sich wieder etwas, was lange Zeit verpönt und allenfalls an Stammtischen zu hören war.“

Stadtdechant Hagemann verweist auf die gemeinsame Geschichte der beiden Religionen: „Für uns Christinnen und Christen sind die Jüdinnen und Juden unsere älteren Schwestern und Brüder.“ Dankbar sei er darum für die Arbeit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Münster, die seit 1957 gegenseitiges Verstehen fördert und Vorurteile abbaut. „Die Begegnung von Christen und Juden ist mir besonders wichtig, um die Bereitschaft zu stärken, füreinander einzutreten“, betont Hagemann.
Als „Brückenbauerin zwischen Christen und Juden“ bezeichnet Sharon Fehr die „Woche der Brüderlichkeit“. Mit Blick auf die zunehmende Judenfeindlichkeit rufe sie entschieden auf, gegen antisemitische Tendenzen einzutreten. Doch er zieht den Kreis weiter: „Wer meint, Antisemitismus sei nur für Juden eine Gefahr, verkennt seine zersetzende Wirkung.“ Was mit Antisemitismus beginne, ende mit einem „Brachialangriff auf die Fundamente einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung“. Aufklärungsarbeit an Schulen und persönliche Begegnungen von Nichtjuden und Juden – diesen Anspruch versuche die jüdische Gemeinde, mit Führungen und Vorträgen für Schüler und Erwachsene in der Synagoge umzusetzen.

Seit 1952 veranstalten die Gesellschaften für Christlich- Jüdische Zusammenarbeit jedes Jahr im März die „Woche der Brüderlichkeit“. Begleitet wird sie in allen Teilen des Landes durch Veranstaltungen und Begegnungen.