Pastor Christian Olding feiert einen Gottesdienst über Instagram

, Kreisdekanat Kleve, Kreisdekanat Wesel

Schon ab dem Nachmittag zählt auf dem Instagram-Profil von Christian Olding ein Countdown herunter, der um 19 Uhr endet. Sekunden später erscheint die Benachrichtigung, dass der Pastor eine Live-Übertragung gestartet hat. Das Experiment Instagram-Gottesdienst beginnt. Innerhalb von Minuten haben sich um die 220 Zuschauerinnen und Zuschauer eingeklinkt, um den Gottesdienst mitzufeiern.

Olding steht, modisch gekleidet, in einem privaten Raum. Auf der einen Seite ein Kreuz und eine Mariendarstellung, auf der anderen Seite das Bild eines „Stormtroopers“ aus der Science-Fiction-Reihe „Krieg der Sterne“, der den Originaltitel „Star Wars“ zu „Stop Wars“ („Beendet Kriege“) umgepinselt hat. Ein ungewöhnlicher Ort für einen Gottesdienst in einer ungewöhnlichen Zeit. Doch auf die sogenannten V-Gottesdienste möchten Olding und sein Team nicht verzichten, „Fasten- und Osterzeit ohne V-Gottesdienst geht gar nicht“, sagt er direkt zur Begrüßung.

Die moderne Technik macht es möglich, dass der Pastor den Gottesdienst trotz der gebotenen Kontaktsperre nicht alleine gestalten muss. Über einen Laptop werden zwei Musiker aus Moers zugeschaltet, die aus ihrem Wohnzimmer mit ihren Liedern für Gänsehaut bei der Online-Gemeinde sorgen. Und auch für ein Schmunzeln, als plötzlich ein Hund ins Bild läuft und sich entspannt auf dem Teppich ausbreitet und ebenfalls der Musik lauscht. Zugeschaltet wird auch Lektor, der aus der Bibel liest. Ebenfalls vom Laptop abgefilmt werden kurze Videos und Gebete, mit denen Olding die Botschaft der Bibel in die moderne Zeit übersetzt. Hin und wieder muss improvisiert werden, kleinere Pausen entstehen – der feierlichen Atmosphäre, die allen Widrigkeiten zum Trotz entsteht, tut das keinen Abbruch.

Das wird auch in den Kommentaren der Zuschauer deutlich, die während der Übertragung automatisch ins Bild laufen. Da fliegen reihenweise Herzen über das Handydisplay, „So eine schöne Idee!“ schreibt eine Nutzerin. Die Fürbitten werden ebenfalls interaktiv vor Gott gebracht, jeder, der mag, darf seine Gedanken in den Chat schreiben.

Inhaltlich setzt Olding einen Kontrast zu der Welt aus schönen Fotos und unbeschwertem Leben, die insbesondere auf Instagram gezeigt wird. Im Angesicht der Corona-Krise, aber auch grundsätzlich in der Kar- und Osterzeit werde deutlich, dass „Hässlichkeit und Verletzlichkeit“ im Leben einen Platz haben, betont der Pastor. Das würden die Bilder aus Italien zeigen, von schwer erkrankten Menschen und von den langen Sargreihen, das zeige aber auch das Kreuz, das am Karfreitag in die Mitte gestellt wird. „Keiner kann sich vor dem Leichnam am Kreuz verbergen“, macht Olding klar. Doch gerade deshalb sei der Tod die stärkste Anfrage an das Leben, die es gibt. „Die Fragen zum Leben brechen Ostern und gerade jetzt existenziell auf“, erklärt Olding. Doch es gebe eben auch die schönen Seiten im Leben, „und diese schreien nach Ewigkeit“. Daher gelte, sagt Olding: „Wenn wir Ostern feiern, dann verlassen wir uns darauf, dass es ein gutes Ende gibt. Not und Elend behalten nicht das letzte Wort!“

Nach 45 Minuten ist das Experiment, einen Gottesdienst über Instagram zu feiern, beendet. Aus den Reaktionen der Online-Gemeinde wird deutlich, dass das Format funktioniert. Zigfach erscheint ein „Danke“ auf dem Bildschirm – ein „Danke“ für eine gelungene Einstimmung auf ein in seiner diesjährigen Form besonderes Osterfest.

Christian Breuer