Pfarrei St. Joseph Münster-Süd präsentiert Krippe als Videokonferenz

, Stadtdekanat Münster

Der Esel hat es sich vor dem Bücherregal bequem gemacht, Elisabeth grüßt vom Kirchplatz und Hannah blickt sorgenvoll aus einem türkischen Flüchtlingslager in die Kamera. Die Pfarrei St. Joseph Münster-Süd hat sich in diesem Jahr mit einer besonderen Krippendarstellung auf Weihnachten vorbereitet. Bevor pünktlich zum Fest die Krippe mit ihren dreidimensionalen Figuren aufgebaut wird, hat das ehrenamtliche Krippenteam um Clemens Schymocha und Gregor Kleinhans eine moderne „Videokonferenz-Krippe“ entwickelt. Die virtuelle Szene hängt seit Adventsbeginn und auch in den kommenden Wochen noch – quasi als Screenshot – auf einem großen Banner in der Kirche.

© Bistum Münster

„Es ist zur Zeit die Lebenswirklichkeit vieler Menschen, auch die unsere, sich per Videokonferenz zu treffen“, berichtet Schymocha, der als Zahnarzt in Münster arbeitet. Für die Ehrenamtlichen ist der aktuelle Bezug wichtig: „Wir suchen jedes Jahr einen Bezug der Krippe in St. Joseph zu unserem Leben. Denn Krippendarstellungen haben schon immer die Weihnachtsgeschichte in die Wirklichkeit jeder Generation transformiert und so erfahrbar gemacht.“

Für die technische Umsetzung, bei der sie von Florian Waisznor aus Saerbeck unterstützt wurden, haben die Initiatoren die Originalfiguren vor einer weißen Wand fotografiert und sie am Computer anschließend freigestellt. Jede hat einen eigenen Hintergrund zugeordnet bekommen – „mal witzig, mal mit einem tieferen Sinn“, sagt Schymocha. So grasen die Schafe im Südpark, Melchior steht vor den Toren der Stadt Jerusalem und der „Hirte Stefan“ alias Pfarrer Dr. Stefan Rau in einem U-Bahn-Schacht. Sie alle machen sich von dort aus auf den Weg. Mit den Figuren Hannah und Elisabeth hat das Team bewusst zwei Frauen als Wegbegleiterinnen Marias ausgewählt: „Damit nehmen wir Bezug auf die immer wiederkehrende Diskussion um die Gleichberechtigung von Mann und Frau“, verdeutlicht Schymocha und kritisiert: „Auch wir haben bei der klassischen Krippendarstellung kein ausgewogenes Verhältnis.“

Mit roten durchgestrichenen Symbolen ist in jeder Kachel das ausgeschaltete Mikrofon gekennzeichnet. Nur das Fenster von Caspar, einem der drei Weisen aus dem Morgenland, ist aktiviert, er gestikuliert lebhaft. Das Krippenteam hat sich etwas dabei gedacht, ausgerechnet der schwarzen Figur den Redebeitrag zuzusprechen: „Am Ende eines Jahres, in dem die internationale Bewegung ‚Black Lives Matter‘ (deutsch: ‚Schwarze Leben zählen‘) in den USA entstanden ist, kann das nicht ohne Bedeutung bleiben.“

Nicht nur mit dem Format einer Videokonferenz, auch mit der auf dem Bildschirm angegebenen Uhrzeit von 11.55 Uhr nehmen die Initiatoren Bezug zur Corona-Pandemie: „Fünf vor zwölf – das ist ein Appell an uns alle, aufeinander und auf unsere Welt aufzupassen, bevor es zu spät ist“, sagt Schymocha.

Und das Jesuskind? Es nimmt auch an der Krippen-Videokonferenz teil, hat schon eine eigene Kachel. Zu sehen ist es aber nicht: „Deine Verbindung wird aufgebaut…“ steht in dem Fenster geschrieben. 

Ann-Christin Ladermann