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Pflege ist ein brennendes Thema

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Zu einer Informationsveranstaltung zum Thema „Was kommt auf uns zu? Pflegekammer, Vereinigung der Pflegenden oder bleibt alles wie es ist!?“ hatte die Diözesane Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen (DiAG-MAV) im Bistum Münster eingeladen. 90 interessierte Mitarbeitervertreterinnen und -vertreter waren dieser Einladung ins KönzgenHaus in Haltern am See gefolgt, um sich über die vom Gesundheitsministerium des Landes NRW geplante Errichtung einer Pflegekammer beziehungsweise eines Pflegerings zu informieren.

Die Referenten und Organisatoren haben sich zum Gruppenbild um den Tisch gestellt.

Martin Wennekers, Vorsitzender der DiAG-MAV, Maria Tschaut, Gewerkschaftssekretärin ver.di Landesbezirk NRW, Thomas Wonnemann, Beisitzer im DiAG-MAV-Vorstand, Gerhard Herrmann, Leiter der Abteilung Pflege, Alter, demographische Entwicklung im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW, Ludger Risse, Vorsitzender des Pflegerats NRW, Hans Krautwurst-Rusch, stellvertretender Vorsitzender der DiAG-MAV, sowie Moderator Josef Meiers vom KönzgenHaus (von links) informierten über das Thema Pflegekammer.

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Zu Beginn der Veranstaltung erläuterte Gerhard Herrmann, Leiter der Abteilung Pflege, Alter, demographische Entwicklung im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, in welchem Spannungsfeld sich die Pflege derzeit befindet. Der Fachkräftemangel, der steigende Pflegebedarf bis hin zu der Tatsache, dass Patienten abgelehnt werden müssten, da sowohl personelle als auch strukturelle Kapazitäten nicht ausreichten, seien augenblickliche Herausforderungen. Herrmann erläuterte die Aktivitäten des Ministeriums. Die im Juni 2017 im Koalitionsvertrag angekündigte repräsentative Befragung der Pflegenden werde im Herbst 2018 stattfinden. Mit Ergebnissen könne bis zum Winter gerechnet werden, sodass ein eventuelles Kammer- beziehungsweise Pflegeringgesetz zum Herbst nächsten Jahres in Kraft treten könnte. Voraussetzung hierfür sei jedoch das Votum der Pflegenden. „Pflege sitzt nicht mit am Tisch, wenn über sie gesprochen wird“, sagte Herrmann. Dieses Manko könne durch eine Pflegekammer behoben werden. Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann und das Ministerium würden eine Pflegekammer befürworten, um eine Aufwertung des Berufsbildes herbeizuführen. „Politik hört auf die, die laut sind“, lautete seine Antwort auf die Frage, was die Errichtung einer Pflegekammer politisch bedeute. 

Ludger Risse, Vorsitzender des Pflegerats NRW und Pflegedirektor des Klinikums Lünen-Werne, schilderte seine Leidenschaft für die Pflege und die Pflegekammer. „Ich kämpfe seit 20 Jahren für eine Pflegekammer“, führte er in sein Referat ein. Risse verdeutlichte an zahlreichen Beispielen, dass Pflegende keine Stimme hätten. Sie würden als Kostenfaktoren gesehen. In einem Rückblick schilderte er die personelle Entwicklung in der Pflege. Seit 1995 seien 30,2 Prozent mehr Ärzte eingestellt worden. Aber in Bezug auf die Fallzahlsteigerung gebe es 29,2 Prozent weniger Pflegekräfte. Natürlich habe die Pflegekammer eine Pflichtmitgliedschaft zur Folge. Aber nur so würde es eine Interessenvertretung der rund 200.000 Pflegenden in NRW geben, die eine starke Stimme hätten und von der Politik gehört werden müssten. Risse betonte, dass eine Pflegekammer, die es auch schon in anderen Bundesländern gebe, ein komplett demokratisches Organ sei. 

Lebhaft vertrat Maria Tschaut, Gewerkschaftssekretärin des Landesbezirks NRW, die Meinung der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Die zentrale Fragestellung für sie laute: „Braucht die Pflege eine neue Interessenvertretung?“ Tschaut informierte über Aktionen von ver.di, die auf die prekären Pflegesituationen hinweisen und auch dem entgegentreten würden. Detailliert erläuterte sie die Aufgaben und Zielsetzungen einer Pflegekammer, sowie die Hoffnungen, die mit einer Gründung verbunden seien. Aber sie machte auch deutlich, wo eventuelle Grenzen zu erkennen seien. Der Staat habe sich der Problematik in der Pflege anzunehmen und nicht auf die Kammern zu übertragen. Diese könnten die Missstände wie Personalbemessung, Vergütung, hohe Arbeitsbelastung und Arbeitszeiten nicht beheben. Eine Demonstration für mehr Pflegepersonal hat ver.di für den 20. Juni in Düsseldorf organisiert. Wenn sich dort die Gesundheitsminister der Länder treffen, sollen sie erkennen, „dass Pflege ein brennendes Thema ist“, sagte Tschaut. 

In der abschließenden Podiumsdiskussion waren sich die drei Referenten einig, dass Pflege eine Stimme brauche und ein Thema besonders auch im Hinblick auf den demografischen Wandel sei. Die Teilnehmenden sprachen verschiedene Aspekte an wie die Rolle von Pflegehilfskräften, die Pflicht des Staates zur Regelung der Pflege oder das politische Mandat der Pflegekammer. Eine Antwort auf die Frage, ob NRW ab 2020 eine Pflegekammer mit Pflichtmitgliedschaft beziehungsweise einen Pflegering mit freiwilliger Mitgliedschaft bekomme, oder ob alles so bliebe wie es sei, konnte auf der Veranstaltung nicht gegeben werden.

Text: Michaela Kiepe/Thomas Wonnemann; Bilder: Michaela Kiepe