Philosophin erhält Josef-Pieper-Preis

, Stadtdekanat Münster

22 Jahre nach dem Tod des münsterschen Philosophen Josef Pieper hat die gleichnamige Stiftung am 24. November in der katholischen Akademie Franz Hitze Haus in Münster zum vierten Mal den Josef-Pieper-Preis verliehen. Mit der Philosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz bekam erstmals eine Frau die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung. „Sie haben junge Leute gefördert, die sich auf Piepers Denken einlassen wollen. Sie haben viel für die akademische und öffentliche Präsenz von Josef Pieper getan. Für all das schulden wir Ihnen großen Dank“, würdigte Professor Dr. Berthold Wald vom Vorstand der Pieper-Stiftung die Preisträgerin in seiner Laudatio.

Preisträgerin Prof. Dr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, eingerahmt vom Vorstand der Pieperstiftung: (von links) Dr. Frank Meier-Hamidi, Prof. Dr. Berthold Wald, Ulrich Schulze und Prof. Dr. William J. Hoye.

© Hanns-Gregor Nissing

Weihbischof Dr. Stefan Zekorn gratulierte der Philosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz zur Auszeichnung.

© Hanns-Gregor Nissing

Die 1945 geborene Religionsphilosophin, deren Forschungsschwerpunkte die Religionsphilosophie der Moderne, die zeitgenössische Phänomenologie sowie die Anthropologie der Geschlechter sind, hat sich eine über den deutschen Sprachraum hinausgehende Reputation erworben. Sie ist international bekannt als Herausgeberin der Werke von Edith Stein. Das gleiche gilt für ihre Arbeiten zu Romano Guardini. Einige systematische Schwerpunkte ihrer Arbeiten wie Eros, Glück, Tod, Schuld, Vergebung weisen eine Nähe zum Philosophen Josef Pieper auf, dessen Werk sie gut kennt und in kritischer Verbundenheit schätzt. Herausragend ist ihre Auseinandersetzung mit zahlreichen intellektuellen und christlichen Frauengestalten, deren Erbe sie in die aktuelle Genderdebatte immer wieder einbringt.

Wald hob in seiner Laudatio besonders die Nähe der Preisträgerin zum Denken Josef Piepers hervor – das sich auch in den Kriterien für die Preisvergabe widerspiegele. „Der Preis wird verliehen für ‚beispielhafte Veröffentlichungen und Arbeiten über das europäische-christliche Menschenbild, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügen und wegen ihrer sprachlichen Gestaltung ein breites Interesse verdienen‘“, zitierte der Philosophieprofessor. Dass das zutrifft, brachte Wald auf den Punkt: „Was Sie anpacken, ist nicht nur gut gesagt, sondern auch brennend aktuell.“ 

Die Herausforderung für das christliche Bild vom Menschen heute liege im Bereich der Anthropologie der Geschlechter, erklärte der Laudator. „Es dem Sog der Anpassung zu entziehen und wieder sprachfähig zu machen, haben Sie in den letzten Jahren als Herausforderung des Denkens angenommen“, lobte er. Wald dankte Gerl-Falkovitz für die „erfrischende Unbefangenheit, mit der Sie sich auf Piepers Denken eingelassen haben“.

Auch Weihbischof Dr. Stefan Zekorn würdigte in einem Grußwort das Werk der Religionsphilosophin. Als Student habe er vor 40 Jahren selbst Josef Pieper hören dürfen. „Mir als Leser und Nach-Denker tut es gut, mit welcher Ruhe und Gelassenheit Sie Ihre Gedanken entfalten. Darin sind Sie in meiner Wahrnehmung Josef Pieper auf eine ausgesprochen wohltuende Weise ähnlich“, würdigte Zekorn. Gerl-Falkowitz habe die Gelassenheit und den Mut, sich präzise mit großer Kenntnis und philosophisch-intellektueller Gewandtheit auch zu Themen zu äußern, die in Gesellschaft und Kirche mit großen Emotionen belegt seien. „Sie tun dies immer unaufgeregt und mit großer Sachlichkeit, die mir als Leser tatsächlich eine Ahnung von der Ganzheit des Seins eröffnet“, betonte der Weihbischof. 

Verbunden war die Preisverleihung mit einem philosophischen Symposion, das bereits am Vortag startete. Unter dem Titel „Männlich, weiblich, divers? Philosophische Anthropologie der Geschlechter“ diskutierte Gerl-Falkovitz unter anderem mit der Philosophin Professorin Dr. Ruth Hagengruber über die Normativität von Geschlechtszuschreibungen und deren religiöser Deutung. 

Ann-Christin Ladermann