Prävention und Aufarbeitung gehören zusammen

, Kreisdekanat Recklinghausen

Zu einem Informations- und Gesprächsabend zum Thema „sexualisierte Gewalt und Prävention“ hatte die Pfarrei Heilige Edith Stein in Marl eingeladen. Im Pfarrheim St. Georg begrüßten Pastoralreferentin Laura Kapellner und Pastoralreferent Benedikt Stelthove neben rund 50 Interessierten auch Peter Frings, Interventionsbeauftragter des Bistums Münster, und Martin Schmitz, Gründer und Sprecher der Selbsthilfegruppe Rhede für Betroffene von sexueller Gewalt im kirchlichen Raum.

Präventionsfachkräfte Benedikt Stelthove und Laura Kapellner hatten Martin Schmitz. Gründer und Sprecher der Selbsthilfe Rhede, und den Interventionsbeauftragten des Bistums, Peter Frings, (von links) stehen an einem Tisch und unterhalten sich.

Präventionsfachkräfte Benedikt Stelthove und Laura Kapellner hatten Martin Schmitz. Gründer und Sprecher der Selbsthilfe Rhede, und den Interventionsbeauftragten des Bistums, Peter Frings, (von links) zu einem Informations- und Gesprächsabend eingeladen.

© Bistum Münster

Kapellner und Stelthove ist es ein Anliegen, das Thema immer mal wieder in die Öffentlichkeit zu bringen. „Vor einem Jahr haben wir das ‚Institutionalisierte Schutzkonzept‘ – kurz ISK – für die beiden Pfarreien in Marl verabschiedet. Wir finden es wichtig, von unserer Arbeit als Präventionsfachkräfte zu berichten. Denn Prävention und Aufarbeitung gehören zusammen“, betonte Stelthove. Inzwischen sei vielen Menschen, die mit Kindern und Jugendlichen in einer Pfarrei zu tun hätten, klar, dass sie nicht an Schulungen teilnehmen müssten, weil sie verdächtig seien, sondern um Signale bei der Zielgruppe wahrzunehmen. „Schulungen sollen nicht die Angst schüren, was ich machen darf und was nicht, sondern welche Signale von meinem Gegenüber gesetzt werden und ich richtig reagieren kann“, verdeutlichte Kapellner. Gemeinsam mit Stelthove sieht sie es als ihre Aufgabe, als Präventionsfachkräfte das Thema im Bewusstsein der Gemeindemitglieder, der Seelsorgerinnen und Seelsorger und der Menschen in Marl zu halten.

Seit April vergangenen Jahres gibt es beim Bistum Münster die Stelle des Interventionsbeauftragten. „Bei uns läuft alles zusammen, was mit dem Thema Missbrauch zu tun hat. Denn es ist sinnvoll, das Thema an einer Stelle zu bündeln“, erklärte Frings seine Aufgabe. Dabei reiche die Spanne von Anfragen von Betroffenen über Rechtsfragen und die Vermittlung zu Opferanwälten bis hin zum Kontakt zur unabhängigen Expertengruppe, die zur Zeit Zugang zu allen Archiven und Akten hat. „Wir versuchen das Thema aufzuarbeiten so gut es geht“, sagte der Rechtsanwalt. Die Aufklärung könne nur funktionieren, wenn man den Weg gemeinsam mit den Betroffenen gehe. „Die Klärung muss von ihnen mitgetragen werden. Deshalb müssen wir an manchen Stellen mit öffentlichen Informationen etwas zurückhaltender sein, was nach außen als weniger transparent wirkt“, stellte er fest.

Über seinen Weg vom Opfer, dessen ganzes Leben vom Missbrauch geprägt sei, bis zum Gründer der Selbsthilfegruppe Rhede sprach Martin Schmitz aus Rhede. Eineinhalb Jahre sei er von einem inzwischen verstorbenen Priester missbraucht worden, der trotz Verurteilung weiter versetzt worden sei, unter anderem auch in die St.-Pius-Gemeinde in Marl. „Missbrauch geschieht nicht nur woanders, sondern es betrifft auch den eigenen Ort“, sagte er. Die Selbsthilfegruppe Rhede sei für Betroffene offen. „Wir können angstfrei miteinander sprechen. Alle haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Da braucht es manchmal nicht viele Worte“, erklärte Schmitz. In Sachen Prävention sei die katholische Kirche zwar inzwischen auf einem guten Weg, aber es sei notwendig, das aufzuarbeiten, was gewesen sei. „Es ist wichtig, hinzugucken. Oft haben ganze Gemeinden weggeschaut. Es wurde getuschelt und geredet, aber nichts ist passiert. Diese Mechanismen muss man durchbrechen“, rief Schmitz auf. Auch die Kirche müsse hinschauen und etwas ändern. „Die Verantwortlichen werden nicht zur Verantwortung gezogen“, betonte er.

Die Frage, wo die Verantwortlichen seien, müsse beantwortet werden. „Ich hoffe, dass die Kommission uns durch ihre Arbeit die Verantwortlichen nennen kann“, sagte Frings. Er sei froh, dass es die Selbsthilfegruppe Rhede gebe, wünscht sich aber mehr solcher Gruppen. Am Ende des Abends ermutigte Schmitz die Gäste, die Kontaktdaten der Selbsthilfegruppe zu streuen, wenn irgendwo ein Verdacht des Missbrauchs bestünde. „Betroffene reden anders mit Betroffenen“, verdeutlichte er.

Informationen zur Selbsthilfegruppe Rhede gibt es im Internet unter www.selbsthilfe-rhede.de. Unabhängige Ansprechpartner für Betroffene beim Bistum Münster sind Bernadette Böcker-Kock, Telefon 0151/63404738, und Bardo Schaffner, Telefon 0151/43816695.

Michaela Kiepe