Schule muss sich neuen Aufgaben stellen

, Bistum Münster

In das Spannungsfeld zwischen Vielfalt und Normalität im Klassenzimmer hat sich das 35. Münstersche Gespräch zur Pädagogik begeben. Unter dem Titel „Gibt es den normalen Schüler (noch)?“ fand es am 26. und 27. Februar in der Akademie Franz Hitze Haus in Münster statt. Auf der Grundlage von Vorträgen und in Arbeitsgruppen setzten sich die rund 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Möglichkeiten auseinander, wie Lehrkräfte in Schule und Unterricht mit der Vielfalt von Schülerinnen und Schülern umgehen können.

Dr. Paul Platzbecher, Prof. Dr. Silvia-Iris Beutel und Prof. Dr. Christian Fischer im Gespräch

Dr. Paul Platzbecker (links) moderierte das Podium mit Prof. Dr. Silvia-Iris Beutel und Prof. Dr. Christian Fischer.

© Bistum Münster

Veranstalter war einmal mehr das Bistum Münster mit den Kooperationspartnern Franz Hitze Haus, dem Landeskompetenzzentrum für individuelle Förderung und dem Institut für Lehrerfortbildung in Essen-Werden. „Weil die Diversität der Schülerinnen und Schüler zugenommen hat, müssen sich die Lehrkräfte, muss sich aber auch das System Schule diesen Anforderungen stellen“, führte Dr. Stephan Chmielus von der Hauptabteilung Schule und Erziehung des Bischöflichen Generalvikariats in das Thema ein. In den vergangenen Jahren sei unter dem Stichwort „Heterogenität“ debattiert worden, die Antwortversuche hießen Individualisierung beziehungsweise Differenzierung. „Konkret bedeutet dies, genauer auf den einzelnen Schüler zu schauen, seine Voraussetzungen und seine Möglichkeiten in den Blick zu nehmen“, erklärte Chmielus. 

Professor Dr. Christian Fischer, Professor für Erziehungswissenschaft an der Universität Münster, zeichnete in seinem Vortrag Grenzen des adaptiven Unterrichts auf, ein Unterricht also, der auf die individuellen Bedürfnisse der Lernenden angepasst ist. Fischer lenkte den Blick auf ein Lernen vom Schüler aus: Wenn der Schüler mit der Zeit selbst entscheiden dürfe, wie und mit welchen Materialien er sich ein Thema erarbeitet, steigere dies die Verantwortung für eigene Lernprozesse. Je mehr das geschehe, desto mehr könne sich die Lehrkraft auf Bereiche wie Beobachtung oder Beratung konzentrieren. 

Dass das individuelle Lernen auch Risiken birgt, verdeutlichte Professorin Dr. Silvia-Iris Beutel von der Universität Dortmund. „Die gemeinsam verantwortete Praxis des Lernens darf dabei im Schulleben nicht entwertet werden“, mahnte sie. Ein Aufgabensystem mit klaren Regeln für die Gestaltung des Tages bleibe „das A und O“. Individuelles Lernen gelinge dann, wenn eine Eigenverantwortlichkeit nach und nach wachsen könne und eigene Fragen zum Lernanlass würden. Die Schüler müssten außerdem die Wahl zwischen verschiedenen Aufgabenformen haben und eine faire und regelgeleitete Rückmeldung erhalten. 

In Arbeitsgruppen hatten die Teilnehmer zuvor über verschiedene Aspekte des Themas diskutiert, auch auf der Grundlage von Praxisbeispielen. Der Einsatz digitaler Medien mit Blick auf eine Individualisierung spielte dabei ebenso eine Rolle wie Unterschiede bei Mädchen und Jungen, das Unterrichten von Kindern mit Migrationshintergrund oder das Thema Berufsorientierung in der Schule.

Ann-Christin Ladermann