Sorge um internationalen Frieden und Stabilität

, Bistum Münster

Es sind Bilder, die sich einbrennen: Nach der Einnahme der afghanischen Hauptstadt Kabul durch die Taliban versuchen Menschen am örtlichen Flughafen verzweifelt, dem Regime der Islamisten zu entkommen, indem sie sich an Gangways und startende Flugzeuge klammern. Lehrer verabschieden die Mädchen ihrer Klassen – diese werden künftig unter dem Gesetz der Scharia wohl nicht mehr zur Schule gehen dürfen. Der Bevölkerung Afghanistans und Kabuls steht die Angst um ihr Leben und das ihrer Familie und Freunde ins Gesicht geschrieben. 

Weihbischof Dr. Stefan Zekorn: „Gesellschaft ist für Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan gut gerüstet“

Auch Weihbischof Dr. Stefan Zekorn, Beauftragter für weltkirchliche Themen im Bistum Münster, bewegen die Geschehnisse. Er zeigt sich besorgt um den internationalen Frieden und die Stabilität in der Region und möglicherweise weit darüber hinaus: „Es muss aufgeklärt werden, wie es zu dem kommen konnte, was in Afghanistan derzeit passiert. Wir sind es den Menschen, die nun Unterdrückung und sogar den Tod fürchten müssen, schuldig. Wir tragen Mitverantwortung. Es ist auch unsere Politik, die dort offenbar Dinge dramatisch falsch eingeschätzt hat“, betont er. Die deutsche Gesellschaft sieht er für eine mögliche Aufnahme geflüchteter Menschen aus dem Land am Hindukusch indes gut gerüstet – auch aufgrund der Erfahrung und der Einsatzbereitschaft vieler Helferinnen und Helfer in den Kirchengemeinden.

Es sei eine Katastrophe für so viele Menschen in Afghanistan und ein Desaster sowohl für die US-Politik als auch die Politik der europäischen Länder, sagt Zekorn und erklärt: „Die Glaubwürdigkeit des Westens ist durch das, was in Afghanistan passiert, noch stärker in Frage gestellt. Wir müssen uns fragen, wie es zu einem solchen Versagen kommen kann, an dem nun so viele Menschen leiden?“

Der Weihbischof macht deutlich, dass es nun gelte, der Verantwortung für die vielen Ortskräfte der Bundeswehr aber auch der internationalen Hilfsorganisationen – kirchliche und nicht kirchliche – nachzukommen, und das Bestmögliche zu tun, diese und andere Menschen, die sich in Bildung, Politik und Kultur für die gesellschaftliche Erneuerung Afghanistans eingesetzt haben, vor der Bedrohung durch die Taliban zu schützen, sie außer Landes zu bringen. 

„Menschen werden aus Afghanistan fliehen, sie sind dort ihres Lebens nicht sicher. Es muss nun zügig überlegt werden, wie man die Nachbarstaaten so unterstützen kann, dass Flüchtenden bestmöglich geholfen werden kann“, erläutert er. Zudem sei es äußerst wichtig, dass die EU-Länder sich abstimmen, was die Flüchtlingsfrage angeht. 

 Zekorn betont dazu ausdrücklich: 

Weihbischof Dr. Stefan Zekorn

Die Gesellschaft und auch die Kirche sieht er für diese Herausforderung gut gerüstet: „Zu den guten caritativen Strukturen und der fachlichen Kompetenz haben wir auch in den Gemeinden unseres Bistums viele Menschen, die bereit sind zu helfen, die auch über Erfahrung verfügen, was Menschen, die Schreckliches erlebt haben, benötigen und wie man sie auffangen kann.“

Der Flüchtlingsbeauftragte des Bistums Münster, Helmut Flötotto, sieht Deutschland in der Pflicht, besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aufzunehmen. Zudem müssten die Nachbarländer finanziell darin unterstützt werden, humanitäre Bedingungen für die ankommende Menschen schaffen zu können. Für nach Deutschland kommende Flüchtlinge seien die Strukturen aus 2015 noch vorhanden und könnten kurzfristig hochgefahren werden. 

Deutschland sieht Flötotto durchaus in der Lage, „den afghanischen Flüchtlingen eine neue Heimat zu bieten“. Nicht nur der Staat, auch gesellschaftliche, kirchliche und caritative Gruppen seien eingeladen daran mitzuwirken.