„Streamer“ bringen Gottesdienst auf den Bildschirm

, Bistum Münster

Konzentriert führt Simon Kaiser den Joystick in einem kleinen Raum im Obergeschoss des St.-Paulus-Doms. Auf dem Bildschirm vor ihm ist Dompropst Kurt Schulte am Altar zu sehen. Mit Hilfe des technischen Steuerhebels lenkt Simon Kaiser die im Dom festinstallierte Kamera, zoomt aus dem Bild heraus und bringt so den gesamten Altarraum ins Blickfeld der Zuschauerinnen und Zuschauer. „Wir versuchen uns möglichst immer in die Situation der Leute an den Endgeräten hineinzuversetzen“, sagt der 18-Jährige, der routiniert die Knöpfe, Schalter und Regler an den Bild- und Tonmischgeräten vor ihm bedient. Seit zweieinhalb Jahren gehört der Münsteraner, der derzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Dommusik absolviert, zum Team der sogenannten „Streamer“ des Bistums Münster. Als „Stream“ wird die Übertragung zum Beispiel von Videos ins Internet bezeichnet. Allein in den vergangenen Wochen, in denen Gläubige aufgrund der Corona-Krise nicht an Gottesdiensten teilnehmen durften, war Simon Kaiser weit mehr als 20 Mal im Einsatz, um für eine reibungslose Übertragung der Messen ins Internet zu sorgen.

Lena-Sophie Hagemeyer und Simon Kaiser gehören zum Team der Streamer des Bistums Münster.

© Bistum Münster

Jonah Haves bedient die mobile Kamera im Dom.

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Seit Mitte März bedeutet das für den Münsteraner, die sechs weiteren Streamer sowie die drei Ehemaligen, die in den vergangenen Wochen ausgeholfen haben, vor allem eins: früh aufstehen. Denn übertrug das Bistum vor der Corona-Zeit nur Gottesdienste zu einem besonderen Anlass, fallen in den Wochen, in denen keine Gläubigen am Gottesdienst teilnehmen dürfen, zwei Streamings pro Tag an: um 8 Uhr aus dem St.-Paulus-Dom und um 18 Uhr aus der St.-Lamberti-Kirche. Bisher wurden pro Gottesdienst zwei Streamer benötigt, die die Bilder der vier fest installierten Kameras im Dom in Echtzeit mischen und ausspielen. Mit Beginn der Corona-Pandemie und der Feier der Gottesdienste im leeren Dom, gibt es eine weitere mobile Kamera, die von einem Streamer bedient werden muss. Sie ermöglicht eine Nahperspektive auf Augenhöhe und eine bessere Bildauflösung. 

Hat Simon Kaiser wie an diesem 29. April Dienst, ist er meist zwischen 7.15 und 7.30 Uhr an seinem Platz. Auch seine Teammitglieder Jakob Kuhn und Jonah Haves treffen in etwa um diese Uhrzeit ein. Ebenfalls mit dabei: Lena-Sophie Hagemeyer, die derzeit hospitiert, um demnächst auch in Eigenregie die Stream-Technik bedienen zu können. Als Vorlage dient den jungen Technikern ein Regieplan, erstellt von der Rundfunkabteilung des Bistums. Darin ist genau aufgelistet, welche sogenannten Bauchbinden wann eingeblendet werden müssen, um den Zuschauer zu bestimmten Bildern noch weitere Informationen zu geben – beispielsweise Liedtitel und -nummern aus dem Gotteslob oder Angaben zum Lesungs- und Evangeliumstext. „Die bereiten wir vor Beginn des Gottesdienstes vor, damit wir sie währenddessen nur noch per Mausklick auf das jeweilige Bild draufziehen müssen“, erklärt Jakob Kuhn. 

Per Handy wird der Kontakt zum Kollegen Jonah Haves gehalten, der im Dom die mobile Kamera bedient. „Jonah, Du bist jetzt live“, weist Lena-Sophie Hagemeyer den 19-Jährigen durch ihr Headset an. Der Abiturient war darauf vorbereitet, der Lektor am Ambo ist rechtzeitig im Bild. Wie fast alle Streamer ist er mit den Abläufen und Liturgien im Dom vertraut – entweder als Sänger in der Dommusik oder als Dommessdiener. Ihren Nebenjob als Streamer können die jungen Erwachsenen so mit ihren Hobbys vereinen. Gleichzeitig ist es eine sinnvolle Tätigkeit, findet Lena-Sophie Hagemeyer: „Es macht einfach Spaß, durch die Auswahl von Bildern, die zum liturgischen Geschehen passen, für den Zuschauer zuhause die komplette Liturgie einzufangen.“ Und dass das Angebot genutzt wird, zeigen die Zahlen: Insgesamt 65.400 Menschen haben die 8-Uhr-Gottesdienste aus dem Dom in der Corona-Zeit mitgefeiert, im Schnitt knapp 1.900 pro Gottesdienst. 

Ab Freitag, 1. Mai, können wieder Gläubige unter bestimmten Auflagen an den Gottesdiensten im Dom teilnehmen. Auch wenn die 8-Uhr-Gottesdienste dann nicht mehr gestreamt werden, der Einsatz der jungen Techniker ist auch weiterhin gefragt. Denn ab Sonntag, 3. Mai, überträgt das Bistums immer sonntags die Messe um 11.45 Uhr. Die Übertragungen sind zu sehen auf www.bistum-muenster.de , auf www.paulusdom.de sowie auf dem Facebook- und dem Youtube-Kanal des Bistums Münster.

Ann-Christin Ladermann