Trost im „Heimwehhimmel“

, Stadtdekanat Münster

„Heimwehhimmel“, so haben Vera Zitzmann und Oskar Holtmann den kleinen Lebensmittelladen um die Ecke genannt. „Wenn einen mal die Sehnsucht nach der Heimat überkommen hat, konnte man sich dort ein Snickers oder eine Tüte Weingummi kaufen“, erinnert sich der 20-Jährige. Glücklicherweise haben die beiden Münsteraner, die das vergangene Jahr als Freiwillige des Bistums Münster in Tansania verbracht haben, nur selten davon Gebrauch machen müssen.

Die vier Freiwilligen, darunter Vera Zitzmann (2. sitzend von links) und Oskar Holtmann (3. sitzend von links), wurden herzlich in ihrer Einsatzstelle in Iringa aufgenommen.

© privat

Seit einigen Wochen sind sie wieder zurück in Deutschland – mit vielen Erlebnissen, Begegnungen und Erfahrungen im Gepäck. Ein Jahr haben die beiden zusammen mit zwei weiteren Freiwilligen in Iringa gelebt und sich unter anderem um Waisenkinder gekümmert. Vera Zitzmanns Einsatzort war das Matumaini-Center. Dort lernen Frauen, die wegen ihrer unehelichen Kinder verstoßen wurden, das Schneidern. Die 28-Jährige hat die jungen Frauen in Englisch unterrichtet und in der angegliederten Vorschule Sachunterricht erteilt – auf Swahili, der Landessprache in Tansania. „Das war anfangs eine ganz schöne Herausforderung für mich“, erinnert sich die Sozialarbeiterin an die ersten Wochen in dem fremden Land. 

Auch Oskar Holtmann hat in einer Schule mitgeholfen. Er hat mit den Kindern Sport gemacht und einen Lehrer im Computerunterricht unterstützt. „Durch eine Spende gab es in unserer Schule mehrere Tablets. Weil wir zu zweit waren, konnten wir die Klasse teilen und den Kindern so den Umgang damit besser erklären“, berichtet der 20-Jährige. Mehrere Nachmittage pro Woche engagierte er sich zudem in einem Waisen- und Internatsheim, das von 170 Kindern besucht wird. Ob singen, Papierflieger basteln oder einen Film schauen – die Mädchen und Jungen haben sich immer gefreut, wenn wir gekommen sind“, berichtet er mit einem Lachen. 

Die Menschen vor Ort haben ihnen das Einleben leicht gemacht, da sind sich die beiden einig: „Gastfreundlich, warmherzig, offen, das trifft auf die allermeisten Tansanier zu.“ Das Miteinander sei sehr familiär gewesen, so auch im Matumaini-Center. „Natürlich hat es etwas gedauert, bis die jungen Frauen Vertrauen zu mir gefasst haben, aber danach sind wir so etwas wie Freundinnen geworden“, berichtet Vera Zitzmann. Mitfreiwilliger Oskar Holtmann zeigt sich besonders von dem Miteinander der verschiedenen Religionen beeindruckt. Er erinnert sich an die Einladung eines Lehrers, der dem Baihaitum angehört. „Zusammenführend und versöhnlich, so könnte man die Atmosphäre bei dem Fest dort beschreiben“, sagt der Münsteraner, für den dies Ansporn war, sich stärker mit seinem Glauben zu beschäftigen. 

Ein Gedanke allerdings hat sie durch das Jahr begleitet: das Gefühl von Andersartigkeit. „Wir sind Weiße und das wurde von den Tansaniern auch immer wieder betont“, bedauern sie. „Die Menschen haben das nicht bewusst getan, haben uns damit aber häufig einen Sonderstatus verpasst, den wir gar nicht haben wollten“, erklärt Vera Zitzmann. 

Doch dies habe die Zeit vor Ort nicht beeinträchtigt. Denn für beide ist das Jahr eine großartige Bereicherung gewesen. „Ich bin dankbar für einen solchen Perspektivwechsel – und kann ihn jedem nur empfehlen“, sagt die 28-Jährige. Die eigene Komfortzone dafür zu verlassen, sei vermutlich die intensivste Erfahrung ihres bisherigen Lebens gewesen. Auch Oskar Holtmann blickt dankbar auf die Zeit zurück. „Wenn man sich auf eine andere Kultur und fremde Menschen einlässt, wächst man an sich selbst“, fasst er zusammen. Für die beiden Freiwilligen steht fest: Das war nicht ihr letzter Besuch in Tansania.

Ann-Christin Ladermann