Unterricht an der Realschule St. Martin in Zeiten von Corona

, Kreisdekanat Warendorf

„Die Verdoppelungszeit oder warum wir gerade nicht in der Schule sind.“ So hat Timo Pabst seine letzte Mathestunde überschrieben, die er gefilmt und seiner Klasse der Realschule St. Martin in Sendenhorst über das Internet zur Verfügung gestellt hat. Obwohl die Türen der Schule in Trägerschaft der katholische Kirchengemeinde St. Martinus und Ludgerus seit gut zwei Wochen aufgrund des Corona-Virus geschlossen sind – der Unterricht geht weiter. „Dank der technischen Möglichkeit und des Lernmanagementsystems des Bistums als Schulträger ist das kein Problem“, sagt der Lehrer für Mathematik, Politik, Geschichte und Sport.

Lehrer Timo Pabst unterrichtet seine Schülerinnen und Schüler in Mathematik derzeit unter anderem über Youtube. Dort stellt er seine Unterrichtsstunden online.

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Zu jeder regulären Unterrichtsstunde lädt Pabst ein Video auf dem schuleigenen Youtube-Kanal hoch. Die Plattform „schulbistum“ des Bistums nutzt er als Schnittstelle, um Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern aufnehmen zu können. „Im Video führe ich in das Thema ein und mache Beispielrechnungen. Die Aufgaben für die Klasse lade ich dann im System hoch und bin während der regulären Unterrichtsstunde via Mail, Messenger oder Chat auf ‚schulbistum‘ ansprechbar“, erklärt Papst. Ihre Ergebnisse fotografieren die Schüler ab und schicken sie ihrem Lehrer zu.

Schon lange vor der Corona-Krise war das Bistum Münster als Träger von 32 Schulen visionär unterwegs. „Der Gedanke meiner Vorgänger war es, pädagogische Aktivitäten zu vernetzen – auch schulübergreifend –, das Lernen mit digitalen Medien zu fördern und teamorientiertes Arbeiten zu unterstützen“, erklärt Judith Henke-Imgrund aus der Abteilung Katholische Schulen im Bischöflichen Generalvikariat (BGV). Bereits 2012 ging die Lernplattform „schulbistum“ an den Start, seit 2013 wird sie von allen Bistumsschulen genutzt. „Wir waren in NRW meines Wissens der erste Träger, der eine solche Plattform flächendeckend für seine Schulen angeboten hat“, weiß die Fachfrau. Jede Klasse hat bei „schulbistum“ ihren digitalen „Raum“, kommuniziert wird per Mail, Messenger oder Chat. Auch eine Konferenzfunktion ist seit kurzem verfügbar. Außerdem können Lehrende und Lernende Dateien bearbeiten und ablegen. Daneben besteht die Möglichkeit, Schultermine zu koordinieren sowie Geräte und Räume zu verwalten.

Das „Corona-Chaos“ blieb dank der etablierten Infrastruktur aus. „Aus unserer Sicht ist die Umstellung des Präsenzunterrichts zum Unterricht in digitaler Form größtenteils reibungslos verlaufen“, berichtet Judith Henke-Imgrund. An den ersten beiden Tagen nach Einstellung des regulären Schulbetriebs seien verstärkt kollegiumsinterne Fortbildungen durchgeführt worden, um den Lehrerinnen und Lehrern Sicherheit zu geben, die sich mit dem Bedienen der Plattform schwertun. Seitdem werde diese deutlich intensiver genutzt: „In den vergangenen zwei Wochen hat sich die Datenmenge auf der Plattform nahezu verdoppelt“, beobachtet sie einen Trend. Verzögerung habe es anfangs einzig durch die technische Überlastung des Systems gegeben: „schulbistum“ wird von der Firma DigiOnline betrieben, die mehrere Schulplattformen verantwortet. Durch die „Spontandigitalisierung im Bildungsbereich“ gebe es mehr Nutzer, mehr Mails – der Internetprovider muss aufrüsten. „Aber auch das wird täglich besser“, freut sich Judith Henke-Imgrund.

Lehrer Timo Pabst steht über „schulbistum“ im regelmäßigen Kontakt zu seinen Schülerinnen und Schülern.

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Dank „schulbistum“, da ist sich auch Timo Papst sicher, könne der Unterricht konstant fortgesetzt werden. Noch wichtiger aber sei es, dass damit der Kontakt zu den Schülern weiterhin gewährleistet ist. „Wir können so in dieser unsicheren Zeit einen verlässlichen Rahmen und ein Stück Normalität geben“, weiß der Lehrer. 

So sieht es auch Sarah Gnegel. Die Schülerin der Jahrgangsstufe 9 arbeitet schon seit vier Jahren mit der Plattform „schulbistum“. Ähnlich wie in einer WhatsApp-Gruppe – nur ohne Angabe der Telefonnummern – könne der Kontakt mit den Mitschülern in den einzelnen Kursen, sogar mit der gesamten Schulgemeinschaft gehalten werden. Schule ausschließlich digital zu erleben – das ist für die 14-Jährige aber eine Premiere. „Das Lernen ist schon entspannter, weil man für Aufgaben länger Zeit hat und Pausen machen kann, wenn man sie braucht. Aber ich vermisse es, meine Freunde in der Schule zu treffen.“

Auch Lehrerin Judith Vosseberg bereitet ihren Unterricht online über "schulbistum" auf.

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Die Beobachtung macht auch Judith Vosseberg bei ihren Schülerinnen und Schülern – trotz der Distanz. Die Lehrerin für Mathematik, Erdkunde, Biologie und Sport ist Klassenlehrerin einer 5. Klasse und steht mit ihren Schützlingen im regelmäßigen Austausch. „Viele melden zurück, dass sie die Schule vermissen, vor allem die sozialen Kontakte“, berichtet sie. Bei ihren eigenen vier Kindern stellt sie fest, dass das Lernen gewissenhafter klappt: „Sie haben die Vorstellung, dass die Lehrer ja alles sehen, was sie geschrieben haben.“ Judith Vosseberg weiß: Bei knapp 100 Schülern wie in ihrem Fall ist das kaum möglich. Sie selbst nimmt Stichproben der Ergebnisse, die Lösungen stellt sie allen Schülern zur Verfügung.

Der Unterricht über die Bistumsplattform klappt bisher gut – trotz anfänglicher Systemüberlastung, berichtet Judith Vosseberg. Selbst die Fünftklässler würden sich erstaunlich leicht damit tun, obwohl sie zu Beginn des Schuljahres zwar eine Einführung in das System erhalten, seitdem aber wenig praktisch damit gearbeitet hätten. „Ich habe den Schülern zunächst eine ‚Anleitung‘ für den Hausunterricht in die Dateiablage gestellt“, beschreibt die Lehrerin. Bereitgestellte Aufgaben müssen heruntergeladen, bearbeitet und dann zu einer gesetzten Frist als Foto der erledigten Aufgaben wieder hochgeladen werden. „Für neue Inhalte habe ich Videos gedreht, in meinem Youtube-Kanal hochgeladen und per QR-Code und Link in die Arbeitsblätter eingefügt“, erklärt sie. Judith Vosseberg ist kreativ, wenn es um neue Aufgaben geht – und arbeitet dafür gerne fachübergreifend. Neben Rechenaufgaben haben ihre Fünfer deshalb eine Langzeitaufgabe bis zu den Osterferien bekommen: Sie sollen zu einer Geschichte, die sie in Mathematik zur Verdeutlichung von geometrischen Formen gehört haben, einen Comic zeichnen.

Ann-Christin Ladermann