Vertreter von SPD und Kirche im Kreis Warendorf diskutieren über aktuelle Themen

, Kreisdekanat Warendorf

Sie hatten sich viel vorgenommen, die Vertreterinnen und Vertreter des Warendorfer SPD-Kreisvorstandes mit ihrem Bundestagsabgeordneten Bernhard Daldrup, Weihbischof Dr. Stefan Zekorn und die Dechanten des Kreises Warendorf, als sie sich zu ihrem jährlichen Austausch in der Landvolkshochschule (LVHS) in Freckenhorst trafen. Die Situation der Kinder, Jugendlichen und Familien nach dem Corona-Lockdown, die steigende Zahl der Kirchenaustritte und die sinkenden Kirchensteuereinnahmen sowie die Zusammenarbeit von Politik und Kirche standen im Mittelpunkt ihres Gesprächs. Am Ende des angeregten zweistündigen Austauschs würdigte Weihbischof Zekorn noch das Lieferkettengesetz, das vor wenigen Tagen vom Bundestag beschlossen wurde.

(von links) Christiane Seitz-Dahlkamp, stellv. Vorsitzende SPD-Kreistagsfraktion, SPD-Bundestagsabgeordneter Bernhard Daldrup, Kreisdekanatsgeschäftsführer Christoph Irzik, Kreisdechant Peter Lenfers, Manuela Esper, Mitarbeiterin SPD-Kreisverband, SPD-Landtagsabgeordnete Annette Watermann-Krass, Dechant Andreas Rösner, Dennis Kocker, Vorsitzender SPD-Kreistagsfraktion und Weihbischof Dr. Stefan Zekorn.

© Bistum Münster

„Wie stellen wir uns in der Bildung auf? Wie holen wir das nach, was die vergangenen eineinhalb Jahre während der Corona-Pandemie nicht vermittelt werden konnte?“, fragte Daldrup und betonte: „Wir müssen die Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaft stärken, damit diese nicht in Extreme abrutscht.“ Man könne sich nicht vorstellen, beschrieb er, welchen verbalen Angriffen er im Bundestag von Seiten der rechtsradikale Partei, aber auch in den Sozialen Medien ausgesetzt sei: „Es bereitet mir große Sorgen, dass die Gesellschaft abrutscht“, betonte der Bundestagsabgeordnete.

Zekorn bekräftigte dies. „Wir müssen die Bedeutung einer umfassenden Bildung vielmehr anerkennen. Das ist die Ressource, die unsere Gesellschaft ausmacht.“ Dies sei eine Aufgabe für alle verfassten Vermittlungsinstanzen in Deutschland. Dass Kirche und Parteien mit einem ähnlichen Vertrauensverlust zu kämpfen haben, hat Dennis Kocker beobachtet, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion. Die Tendenz, radikale Parteien aus Protest zu wählen, halte er für gefährlich. „Sie wollen die Demokratie zerstören“, äußerte er seine Befürchtung.

„Manche gesellschaftliche Gruppen können nicht mehr miteinander in den Diskurs treten“, kritisierte der Weihbischof. Viele Menschen seien, wie wissenschaftliche Studien zeigen, in einer immer komplexer werdenden Welt mit all ihren Möglichkeiten schlicht überfordert. Das „sich ständig entscheiden müssen“ sei anstrengend. „Es verleitet dazu, sich vermeintlich einfachen Wahrheiten anzuschließen. Das erleben wir auch in der Kirche“, betonte Zekorn. Immer mehr Menschen würden sich aus diesem Grund in „eine einfache Weltsicht“ flüchten und nicht mehr versuchen, das Gegenüber zu verstehen. „Das macht mich manchmal sprachlos“, erklärte der Weihbischof. 

Kreisdechant Peter Lenfers ermutigte dazu, als Kirche demokratisches Engagement zu fördern und eine konstruktive Diskussionskultur zu stärken. „Wir müssen unsere Möglichkeiten nutzen und uns nach Kräften in die Gestaltung der Gesellschaft einbringen“, betonte er und wies auf die gemeinsame Verantwortung von Politik und Kirche hin, Demokratie und Menschenrechte zu stärken. „Es ist wichtig, dass wir deutlich machen, wofür wir stehen“, sagte Lenfers. 

Landtagsabgeordnete Annette Watermann-Krass erklärte, dass „wir gemeinsam unterwegs sind und in die Gesellschaft hinein wirken“ und brach eine Lanze für eine „strategische Partnerschaft“. Dechant Andreas Rösner ergänzt: „In der Flüchtlingskrise 2015 haben Kirchen und Kommunen gut kooperiert.“

Die Umsetzung des Lieferkettengesetzes sei ebenfalls ein positives Beispiel der Zusammenarbeit, berichtete Weihbischof Zekorn. „Das Gesetz ist ein großer Erfolg und ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um Missstände in den Lieferketten wie Kinderarbeit und Naturzerstörung zu bekämpfen“, sagte er. Dennoch müsse an mehreren Stellen nachgebessert werden, damit das Gesetz für alle Betroffenen im globalen Süden wirklich nachhaltige Verbesserungen bewirke.

Jürgen Flatken