Dankbar hat sich Weihbischof Rolf Lohmann gezeigt, dass während der Corona-Krise „so vernünftig zwischen Staat und Kirche agiert wurde“. Das sagte der für den Niederrhein und Recklinghausen zuständige Regionalbischof während eines Treffens mit Politikerinnen und Politikern aus Bund, Land und Region.
Zum zweiten Mal hatte der Weihbischof zum Niederrhein-Gipfel auf Kloster Kamp eingeladen. „Es gab keine Untertänigkeit seitens der Kirche, sondern eine verantwortungsvolle Absprache im Sinne der Menschen“, erteilte er gegenteiligen Verschwörungstheorien eine klare Absage. „Politik und Kirche tragen eine gemeinsame Verantwortung für alle Menschen“, erklärte er zur Begrüßung. Der Einladung gefolgt waren Dr. Barbara Hendricks (MdB, SPD), Sabine Weiß (MdB, CDU), Bernd Reuther (MdB, FDP), Charlotte Quik (MdL, CDU), die beiden Landräte Wolfgang Spreen (Kreis Kleve) und Dr. Ansgar Müller (Kreis Wesel) sowie Norbert Killewald, Vorsitzender der SPD im Kreis Kleve. Von kirchlicher Seite dabei waren die beiden Kreisdechanten Stefan Sühling und Johannes Mecking, die Kreisdekanatsgeschäftsführer Wolfgang Kürten und Patrick de Vries sowie Markus Toppmöller, Direktor der Wasserburg Rindern.
Die rund zweieinhalbstündigen Gespräche standen deutlich unter dem Eindruck der Folgen, die die Corona-Pandemie schon jetzt hinterlassen hat. Dabei ging es ebenso um ethische wie auch wirtschaftliche Fragen. Einig waren sich alle Teilnehmer, dass es durch die Pandemie nicht zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft durch extreme Gruppierungen kommen dürfe. So betonte etwa Sabine Weiß: „Die demokratische Mitte muss deutlicher Farbe bekennen, auch die Kirche.“ Es gebe bereits, sagte Weihbischof Lohmann, „klare und eindeutige Signale“ zum Umgang mit Extremismus, sowohl innerhalb der Gesellschaft als auch der Kirche. Jedoch habe die Minderheit oft eine laute Stimme, die eher gehört werde als die der Mehrheit. Der Weseler Kreisdechant Stefan Sühling stellte fest: „Unsere Sprache muss deutlicher werden und wir brauchen eine klarere Kommunikation.“
Durch die Pandemie könne der Eindruck entstehen, sagte der Weihbischof, dass andere Themen zweitrangig geworden seien, wie etwa der Umweltschutz. „Der bleibt aber ein primäres Thema“, betonte Lohmann, der als Umweltbischof der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) gilt. Er selbst habe bereits mehrfach das Aktionsbündnis „Fridays for Future“ unterstützt und habe bei seinen zahlreichen Begegnungen am Niederrhein immer wieder mit ökologischen Themen zu tun, insbesondere mit Blick auf die Landwirtschaft und den Kiesabbau. Das sei in der Tat, sagte Charlotte Quik „ein großes Spannungsfeld“. Einerseits gebe es in der Region einen Rohstoff, an dem sehr großes Interesse bestehe, andererseits müsse aber neben der Bedarfsdeckung auch die Region in den Blick genommen werden. Zur Landwirtschaft erklärte Bernd Reuther, dass es wichtig sei, mit den Landwirten im Dialog zu bleiben. „Auch in der konventionellen Landwirtschaft wird an vielen Stellen nachhaltig und verantwortungsbewusst gewirtschaftet“, sagte er.
Weihbischof Lohmann berichtete schließlich über seine Erfahrungen im Reformprozess der katholischen Kirche, dem sogenannten Synodalen Weg. Dabei nahm er Bezug auf den ersten Niederrhein-Gipfel im Jahr zuvor, bei dem die Politiker deutliche Reformen angemahnt hatten. „Die Bereitschaft, die großen Themen zu diskutieren, ist da“, sagte Lohmann nun im Rückblick auf die erste Versammlung des Synodalen Wegs: „Es hat mich beflügelt, dass die offenen Gespräche so möglich waren und ich habe große Hoffnung in diesen Prozess.“ Charlotte Quik erinnerte jedoch: „Bei allen Diskussionen ist es wichtig, darzustellen, dass die Kirche für die Menschen da ist und nicht aus reinem Selbstzweck diskutiert.“ Norbert Killewald mahnte eindringlich: „Wenn sie das nicht schaffen, was sie sich jetzt vorgenommen haben, dann verlieren sie den Platz in der Gesellschaft. Das ist eine Glaubwürdigkeitsfrage. Ich freue mich, dass sie sich auf den Weg gemacht haben.“
Am Ende des Vormittages dankte Weihbischof Lohmann den Teilnehmern für die offenen und konstruktiven Worte und kündigte an, den Dialog weiter fortsetzen zu wollen. Kritik und Anregungen werde er sowohl zur Bistumsleitung in Münster als auch zur DBK mitnehmen. Darüber hinaus werde er noch gezielte Gespräche zu einzelnen Fachfragen führen, die bei dem Niederrhein-Gipfel angestoßen wurden.
Christian Breuer