Weihbischof Zekorn warnt vor „Impfnationalismus“

, Bistum Münster

Weihbischof Dr. Stefan Zekorn sieht die Impfaktion gegen Covid-19 als weltweite Gemeinschaftsaufgabe an. „Entscheidend ist die Bereitschaft der reichen Länder, auch in eigener Not zu teilen“, appelliert er an die Verantwortlichen der Staaten. Kurzfristige nationale Interessen brächten keine langfristig tragfähige Lösung, weil das Virus keine Grenzen kenne. Mit Blick auf die aktuelle Debatte um eine gerechte Impfstoffverteilung betont der Bischöfliche Beauftragte für die Weltkirche im Bistum Münster: „Es muss uns bewusst sein, dass kein Land die Pandemie alleine besiegen kann. Niemand ist sicher, bis nicht alle sicher sind.“

Weihbischof Dr. Stefan Zekorn warnt vor einem „Impfnationalismus“.

© Bistum Münster

Zekorn warnt vor einem „Impfnationalismus“, der zu einem Mangel an Impfstoffen bei der Covax-Initiative führen kann. Das Hilfsprogramm, hinter dem die internationale Impfstoffallianz Gavi, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Kinderhilfswerk Unicef stehen, soll den mittlerweile 192 Mitgliedern ermöglichen, das Risiko der Impfstoffbeschaffung gemeinsam zu tragen und auch ärmeren Ländern Zugriff verschaffen. Doch während die Industrieländer schon impfen, existieren für die ärmsten Länder der Welt derzeit nur Pläne. „Da gilt es gegenzusteuern“, fordert der Weihbischof und betont: „Das ist eine entscheidende Aufgabe menschlicher Solidarität.“

Aktuell verstärke die Impfstoffverteilung die großen Ungleichheiten auf der Welt. „Wir dürfen die Menschen weltweit aber nicht im Stich lassen“, rief Zekorn zu einem solidarischen Handeln auf. Insbesondere die Industriestaaten müssten neben der fachlichen Expertise einen deutlich größeren finanziellen Beitrag leisten. „Deutschland engagiert sich laut Außenministerium aktuell bei Covax mit 0,675 Milliarden Euro. Aber was ist das im Vergleich zu den mindestens zwei Milliarden Euro, die Deutschland für unsere Impfstoffe ausgibt – von den vielen anderen Milliarden ganz zu schweigen?“, kritisiert der Bischöfliche Beauftragte.

Zekorn selbst steht in regelmäßigem Kontakt zu den Partnern der Weltkirche, darunter Menschen in Ghana, Mexiko, Indien und der Ukraine. Die Impf-Situation in den Ländern sei sehr unterschiedlich. „In Afrika ist bislang noch sehr wenig Impfstoff angekommen“, weiß der Weihbischof aus Gesprächen. Herausforderungen stellten unter anderem die hohen Kosten von sieben bis zehn Milliarden US-Dollar für die rund 1,5 Milliarden benötigten Impfdosen dar. Zugleich gebe es aber auch logistische und infrastrukturelle Probleme in den afrikanischen Ländern. „Dazu gehören die Transportmöglichkeiten, aber auch die sichere und stabile Stromversorgung für die Kühlung des Impfstoffs“, gibt Zekorn Beispiele. In der Ukraine sei sogar noch völlig unklar, wann mit Impfungen begonnen werden kann. Dort kommt eine weitere Herausforderung hinzu: „Es gibt in der Ukraine in Sachen Impfungen einen Schwarzmarkt für Reiche und entsprechende Korruption“, erklärt der Weihbischof. 

Ann-Christin Ladermann