„Wenn ich etwas will, dann mache ich das“

, Kreisdekanat Coesfeld

Felix Osterkamp hat etwas geschafft, wovon viele Menschen mit Behinderung träumen: Er hat eine unbefristete Festanstellung auf dem ersten Arbeitsmarkt. Doch bis dahin war es ein langer holpriger Weg.

Anke Leifer, Leiterin des Altenheims, und Felix Osterkamp stehen vor dem Altenheim.

Anke Leifer, Leiterin des Altenheims, und Felix Osterkamp freuen sich über den Erfolg, auf den sie in den vergangenen zwei Jahren hingearbeitet haben.

© Stift Tilbeck/Julia Kunze

Osterkamp kam von der WENO, einer Werkstatt für psychisch kranke Menschen in Nottuln, war zwischendrin auch mal arbeitslos. „Ich habe mich mit meiner Musik über Wasser gehalten“, sagt er. Er spielt Orgel, mehrmals die Woche auch in Gottesdiensten in der Tilbecker Kapelle. Außerdem hat er eine enge Bindung zu seiner Familie. Das half auch bei seinem schwierigen Start in den Arbeitsmarkt. „Ich war auf acht Schulen. Man hat mich von A nach B geschickt. Ich habe echt einen wilden Lebenslauf“, sagt er grinsend. „Jetzt bin ich sehr froh.“
2016 absolvierte der damals 26-Jährige ein Praktikum im Tilbecker Konrad-von-Parzham-Haus, in dem rund 60 ältere Menschen mit Behinderung leben. Am Anfang, so schmunzeln die Kollegen heute, ist der Rollstuhl der älteren Herrschaften schon mal fast in der Hecke gelandet. An der Konzentration haperte es damals noch sehr bei Osterkamp.

„Fast kann man sagen: Er ist zu lieb für diese Welt“, sagt Stefan Pölling, Integrationsberater der Stift Tilbeck GmbH. Anke Leifer, Leiterin des Altenheimes, lobt: „Felix Osterkamp ist mit seinem freundlichen Wesen und seiner Fröhlichkeit für unser Haus ein Gewinn. Nie ein böses Wort, nie etwas, was mit Lästern oder ähnlichem zu tun hat. Immer wertschätzend in der Kommunikation. Da gibt es keinen Ärger. Ich habe noch nie erlebt, dass er ausfallend wurde. An der Stelle kann er ein Vorbild für viele Menschen sein. Das ist eine sehr professionelle Haltung.“

Allerdings brauche er mehr Zeit und ein geschütztes Umfeld, weiß der Tilbecker Integrati-onsberater. Daher wurde sein Praktikum zunächst mehrmals verlängert. Aber die Geduld wurde belohnt: Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe startete das Modellprojekt „PiA – Perspektive in der Altenhilfe“. Damit qualifizierte der Verband gezielt junge Menschen mit Handicap für einfache Aufgaben in der Altenpflege, um sie danach als Betreuungsassistenten in entsprechende Einrichtungen vermitteln zu können.

18 Monate drückte Osterkamp einmal die Woche die Schulbank und half den Rest der Woche in Tilbeck aus. Seine Tätigkeiten: hauswirtschaftliche Arbeiten sowie Beschäftigung und Aufgaben der Tagesstruktur, Freizeitangebote wie Spaziergänge, Cafébesuche, Betreuung im Snoozle-Raum oder Massagen.

Und Osterkamp wuchs, auch indem er von den Kollegen lernte: „Wenn ich etwas will, dann mache ich das. Und wenn ich Fragen habe, frage ich meine Kollegen, was ich tun kann.“ Er will sich nicht auf seinem Status als Mensch mit Behinderung ausruhen. „Ich wollte immer normal behandelt werden. Ich wollte eine Aufgabe für mein Leben. Das habe ich von meinem Vater. Der hat selber eine Firma und dadurch habe ich diese Disziplin.“

Arbeiten müsse Osterkamp vor allem an seiner Konzentrationsfähigkeit. „Die Ablenkbarkeit ist schon manchmal recht hoch“, sagt Leifer. Aber er gebe sich große Mühe. Seine Schwächen sieht er selbst besonders im emotionalen Bereich: „Am Anfang hatte ich mit dem Thema ‚Tod‘ ganz schön Probleme. Das hat mich ziemlich belastet.“ Auch seine Kollegen bemerkten, dass es ihm zu schaffen machte. „Ich liebe meine Arbeit trotzdem“, sagt der mittlerweile 28-Jährige mit Nachdruck.

Dass Osterkamp auf dem ersten Arbeitsmarkt angestellt ist, hat er nicht nur seinem Willen zum persönlichen Wachstum zu verdanken, sondern auch seinen Kollegen und Arbeitgebern, die ihm auch jetzt noch einen geschützten und auf ihn angepassten Arbeitsplatz bieten: Mit viel Geduld, Fachkräften an seiner Seite sowie vertrauten, recht stabilen Arbeitsprozessen. „Ich glaube, das ist das Geheimnis zum Erfolg“, sagt Leifer. „Es ist ein passgenauer Arbeitsplatz.“

Was Felix anderen Menschen mit Behinderung mitgeben möchte? „Man muss schon viel Energie hineinstecken. Geduldig mit sich selbst und bereit sein, zu lernen. Und nie aufgeben und immer weitermachen.“

Die Stift Tilbeck GmbH sucht immer nach Unternehmen, die an einer Kooperation interessiert sind. Ansprechpartner ist Marc Loose, I-Assistent TW, Tel. 02502/940723 oder 0175/4370915, .