„Wir brauchen ein größeres Engagement für Inklusion in den Pfarreien“

, Stadtdekanat Münster

Alle Menschen kennen das Wort Leistung. Aber meinen alle das gleiche, wenn sie von Leistung sprechen? Und welche Rolle spielt Leistung in der Kirche? Für Dr. Norbert Köster, früherer Generalvikar des Bistums Münster und Kirchenhistoriker an der Universität Münster, ist es einer der wichtigsten Grundgedanken Jesu, vor Gott nichts leisten zu müssen. „Es kommt darauf an, ihn und die Menschen zu lieben. Ich sehe es als eine Aufgabe der Kirche, an der Seite derjenigen zu sein, die dem Leistungsideal nicht entsprechen.“ Köster wird am Mittwoch, 20. November, beim 34. Studientag „Behinderung und Glaube“ in der Akademie Franz Hitze Haus in Münster zum Thema „Leistung und Inklusion – ein Widerspruch?“ sprechen. Er wird den Vortrag gemeinsam mit der Philosophin Dr. Katja Stoppenbrink aus Münster halten.

Dr. Norbert Köster

Dr. Norbert Köster spricht am Mittwoch, 20. November, beim Studientag „Behinderung und Glaube“ in der Akademie Franz Hitze Haus.

© Bistum Münster

Aus kirchenhistorischer Sicht sei der Leistungsgedanke erst im 16. Jahrhundert aufgekommen und habe vor allem im 17. Jahrhundert eine große Rolle gespielt. „Die Kirche war damals im Bereich der Elitenförderung sehr engagiert – in Münster beispielsweise durch das Jesuitenkolleg“, erklärt der Kirchenhistoriker. Im 19. Jahrhundert, als die Kirche gesellschaftlichen Gegenwind erfahren habe, änderte sich der Schwerpunkt. „Die Kirche hat viele Einrichtungen für benachteiligte Menschen geschaffen, vor allem Ordensfrauen haben hier Großes geleistet“, sagt Köster. 

Als Träger von Schulen und anderen Bildungseinrichtungen stehe die Kirche heute im Zentrum der Leistungsgesellschaft. „Das ist eine wichtige Aufgabe, aber es kommt dabei sehr auf den Geist drauf an, in dem Menschen ausgebildet werden“, betont Köster. Denn nach christlichem Menschenbild sei nicht die Leistung das Entscheidende, sondern die Ausrichtung auf Gott. Genau in dieser Spannung stünden die Schulen in kirchlicher Trägerschaft, sagt der Theologe und mahnt: „Die Umsetzung der Inklusion ist eine große Herausforderung, weil sie nicht auf Kosten der benachteiligten Menschen durchgeführt werden darf.“ 

Herausforderungen gebe es außerdem in den Pfarreien. „Dort brauchen wir ebenfalls noch ein größeres Engagement für Inklusion“, fordert Köster und nennt als Beispiel den Bereich der Ferienfreizeiten. Vor zwei Jahren habe darum der katholische DJK-Sportverband, genauer der Ortsverband Stadtlohn, den Ehrenamtspreis des Bistums erhalten, weil die DJK seit vielen Jahren integrative Ferienlager anbietet. 

Beim Studientag „Behinderung und Glaube“, den die Akademie Franz Hitze Haus in Kooperation mit dem Referat Seelsorge für Menschen mit Behinderungen im Bistum und dem Diözesancaritasverband veranstaltet, sollen Ideen für die Seelsorge mit Menschen mit Behinderungen entwickelt werden. Der Tag richtet sich ausdrücklich an Menschen mit und ohne Behinderung. Es wird eine FM-Anlage für Menschen mit Hörbeeinträchtigung zur Verfügung gestellt. Außerdem werden Gebärdensprachdolmetscher im Einsatz sein.  

Anmeldungen für den Studientag, der um 9.30 Uhr beginnt und um 16 Uhr endet, können online über die Homepage www.franz-hitze-haus.de ausgefüllt werden.

Ann-Christin Ladermann